Poller-Posse leg Parkplätze lahm
„Alte Apotheke“bangt um ihre Existenz
Parkplatz-Ärger gibt’s in Ottensen, Eppendorf oder auf St. Pauli. In Wellingsbüttel eher nicht – aber das kann sich ja ändern! Frei nach dem Motto „Wer keine Probleme hat, schafft sich welche“hat das Bezirksamt Wandsbek drei Stellplätze der „Alten Apotheke“zugebaut. Die bangt jetzt um ihre Existenz!
Es ist ein Schildbürgerstreich, der sich da am Wellingsbüttler Weg abspielt. Mehr als 60 Jahre konnten Kunden ohne Probleme den Besucherparkplatz für die Apotheke sowie eine Arztpraxis und eine Fußpflege nutzen. Dann kam der 20. Dezember 2018. „In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat das Amt drei Absperrbügel vor die Parkplätze gebaut, damit unbenutzbar gemacht“, sagt Apothekerin Marita Mosebach.
Der Grund klingt abenteuerlich: Offenbar soll der öffentliche Gehweg vor der Apotheke durch das Überfahren des Gehwegs von Kunden beschädigt worden sein. Außerdem soll der fließende Verkehr durch ausparkende Fahrzeuge beeinträchtigt worden sein. „Das war 60 Jahre kein Problem. Jetzt aber schon?“, sagt Grundstückseigentümerin Ulrike Wahle. Sie will das nicht hinnehmen, wehrt sich juristisch gegen die Posse – mit einem Teil-Erfolg.
Durch einen Anwalt erwirkt sie, dass zumindest ein Bügel entfernt wird – allerdings unter der Auflage, eine Auffahrt zu bauen. „Mehr als 3000 Euro hat mich das gekostet. Im Ergebnis gibt es jetzt aber trotzdem effektiv nur einen Parkplatz. Je nachdem wie sich die Kunden hinstellen“, sagt Ulrike Wahle.
Sobald sich ein Fahrzeug auf die mittlere Fläche stellt, passt links und rechts kein Wagen mehr hin. Und zur Verkehrssicherheit habe der Umbau auch nicht beigetragen – im Gegenteil. „Die Leute konzentrieren sich beim Ausparken jetzt auf die Bügel. Mehrfach haben sich Autos dort schon Kratzer und Beulen geholt“, sagt Marita Mosebach. Ein Problem, ja – aber längst nicht das einzige.
Weil die Parkplätze fehlen, so schildern die Frauen, sei die Laufkundschaft spürbar zurückgegangen. Das schlägt sich nun auch gravierend auf den Umsatz nieder. „In diesem Monat musste ich erstmals meine Angestellten zum Teil aus eigener Tasche bezahlen“, sagt Mosebach. Für sieben Apotheken-Angestellte gehe es hier auch um die Existenz. „Natürlich habe auch ich ein Interesse daran, dass die Apotheke wirtschaftlich stabil ist“, betont Ulrike Wahle.
Sie hat in den vergangenen Monaten mächtig im Stadtteil getrommelt, nach eigenen Angaben mehr als 400 Unterschriften für eine Entfernung der Bügel gesammelt. Auch die Bezirkspolitik hat sie auf ihrer Seite. „Das Handeln des Bezirksamtes ist völlig überzogen“, sagt Philip Buse (CDU). Seine Bezirksfraktion hat bereits im Frühjahr per Antrag gefordert, dass die Poller wieder entfernt werden. Am 9. Mai hat die Bezirksversammlung dem Antrag einstimmig zugestimmt, also auch mit Unterstützung der rot-grünen Bezirksregierung.
„Wir möchten einen lebendigen Ortskern. Das bedeutet, dass Grundversorger wie diese Apotheke erreichbar sein müssen“, sagt Frauke Häger (Grüne). „Wir haben jetzt politisch getan, was wir tun konnten“, sagt André Schneider (SPD) deutlich zurückhaltender.
Der Grund: Die ParkplatzPosse wird jetzt vorm Verwaltungsgericht ausgefochten. Deswegen gibt’s auch vom Bezirksamt keine Stellungnahme. „Wir dürfen diesen Sachverhalt wegen und während eines Klageverfahrens inhaltlich nicht kommentieren“, so ein Sprecher. Klar ist: Der Regionalausschuss will sich am Mittwoch nochmals der Angelegenheit annehmen – und weiter Druck aufbauen.