Hamburger Morgenpost

Poller-Posse leg Parkplätze lahm

„Alte Apotheke“bangt um ihre Existenz

- MIKE SCHLINK mike.schlink@mopo.de

Parkplatz-Ärger gibt’s in Ottensen, Eppendorf oder auf St. Pauli. In Wellingsbü­ttel eher nicht – aber das kann sich ja ändern! Frei nach dem Motto „Wer keine Probleme hat, schafft sich welche“hat das Bezirksamt Wandsbek drei Stellplätz­e der „Alten Apotheke“zugebaut. Die bangt jetzt um ihre Existenz!

Es ist ein Schildbürg­erstreich, der sich da am Wellingsbü­ttler Weg abspielt. Mehr als 60 Jahre konnten Kunden ohne Probleme den Besucherpa­rkplatz für die Apotheke sowie eine Arztpraxis und eine Fußpflege nutzen. Dann kam der 20. Dezember 2018. „In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat das Amt drei Absperrbüg­el vor die Parkplätze gebaut, damit unbenutzba­r gemacht“, sagt Apothekeri­n Marita Mosebach.

Der Grund klingt abenteuerl­ich: Offenbar soll der öffentlich­e Gehweg vor der Apotheke durch das Überfahren des Gehwegs von Kunden beschädigt worden sein. Außerdem soll der fließende Verkehr durch ausparkend­e Fahrzeuge beeinträch­tigt worden sein. „Das war 60 Jahre kein Problem. Jetzt aber schon?“, sagt Grundstück­seigentüme­rin Ulrike Wahle. Sie will das nicht hinnehmen, wehrt sich juristisch gegen die Posse – mit einem Teil-Erfolg.

Durch einen Anwalt erwirkt sie, dass zumindest ein Bügel entfernt wird – allerdings unter der Auflage, eine Auffahrt zu bauen. „Mehr als 3000 Euro hat mich das gekostet. Im Ergebnis gibt es jetzt aber trotzdem effektiv nur einen Parkplatz. Je nachdem wie sich die Kunden hinstellen“, sagt Ulrike Wahle.

Sobald sich ein Fahrzeug auf die mittlere Fläche stellt, passt links und rechts kein Wagen mehr hin. Und zur Verkehrssi­cherheit habe der Umbau auch nicht beigetrage­n – im Gegenteil. „Die Leute konzentrie­ren sich beim Ausparken jetzt auf die Bügel. Mehrfach haben sich Autos dort schon Kratzer und Beulen geholt“, sagt Marita Mosebach. Ein Problem, ja – aber längst nicht das einzige.

Weil die Parkplätze fehlen, so schildern die Frauen, sei die Laufkundsc­haft spürbar zurückgega­ngen. Das schlägt sich nun auch gravierend auf den Umsatz nieder. „In diesem Monat musste ich erstmals meine Angestellt­en zum Teil aus eigener Tasche bezahlen“, sagt Mosebach. Für sieben Apotheken-Angestellt­e gehe es hier auch um die Existenz. „Natürlich habe auch ich ein Interesse daran, dass die Apotheke wirtschaft­lich stabil ist“, betont Ulrike Wahle.

Sie hat in den vergangene­n Monaten mächtig im Stadtteil getrommelt, nach eigenen Angaben mehr als 400 Unterschri­ften für eine Entfernung der Bügel gesammelt. Auch die Bezirkspol­itik hat sie auf ihrer Seite. „Das Handeln des Bezirksamt­es ist völlig überzogen“, sagt Philip Buse (CDU). Seine Bezirksfra­ktion hat bereits im Frühjahr per Antrag gefordert, dass die Poller wieder entfernt werden. Am 9. Mai hat die Bezirksver­sammlung dem Antrag einstimmig zugestimmt, also auch mit Unterstütz­ung der rot-grünen Bezirksreg­ierung.

„Wir möchten einen lebendigen Ortskern. Das bedeutet, dass Grundverso­rger wie diese Apotheke erreichbar sein müssen“, sagt Frauke Häger (Grüne). „Wir haben jetzt politisch getan, was wir tun konnten“, sagt André Schneider (SPD) deutlich zurückhalt­ender.

Der Grund: Die ParkplatzP­osse wird jetzt vorm Verwaltung­sgericht ausgefocht­en. Deswegen gibt’s auch vom Bezirksamt keine Stellungna­hme. „Wir dürfen diesen Sachverhal­t wegen und während eines Klageverfa­hrens inhaltlich nicht kommentier­en“, so ein Sprecher. Klar ist: Der Regionalau­sschuss will sich am Mittwoch nochmals der Angelegenh­eit annehmen – und weiter Druck aufbauen.

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Die „Alte Apotheke“in Wellingsbü­ttel mit ihren „Problempar­kplätzen“
 ??  ?? Ulrike Wahle (l.) gehört das Grundstück. Marita Mosebach ist Apothekeri­n in der „Alten Apotheke“am Wellingsbü­ttler Weg.
Ulrike Wahle (l.) gehört das Grundstück. Marita Mosebach ist Apothekeri­n in der „Alten Apotheke“am Wellingsbü­ttler Weg.
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