Hamburger Morgenpost

So läuft’s im „autofreien“Ottensen

Seit Sonntag gehört die Straße den Passanten. Die MOPO hat sich vor Ort umgesehen

- ANN-CHRISTIN BUSCH ann-christin.busch@mopo.d

Sechs Monate lang dürfen Privatauto­s nicht auf den Straßen rund um den Spritzenpl­atz fahren. „Ottensen macht Platz“heißt das Projekt, das Sonntag mit einem großen Fest startete. Und? Wie läuft’s bisher? Die MOPO hat sich unter Anwohnern und Ladenbetre­ibern umgehört. Ziel des Experiment­s ist die Entschärfu­ng der Verkehrssi­tuation und die Schaffung eines Begegnungs­ortes auf den Straßen. Natürlich müssen auch die Geschäfte in Ottensen weiterlauf­en. Von 23 bis 11 Uhr darf der Lieferverk­ehr deshalb in den autofreien Bereich fahren. Ein kurzes Be- und Entladen ist ebenfalls erlaubt. Personen mit Ausnahmege­nehmigung und Taxen dürfen ganztägig die Straße befahren.

Als die MOPO an Tag drei des Experiment­s gegen 11.40 Uhr durch die Straßen um den Spritzenpl­atz läuft, sind die nicht ganz autofrei. Von den Fußgängern bekommen die anwesenden Lieferwage­n und Pkw dafür auch mal eine rüde Handgeste gezeigt. Hannes Nöllenheid­t ist Anwohner. Er hat eine Ausnahmere­gelung für seinen Tiefgarage­nstellplat­z. „Mir wurde bereits allerlei Hass entgegenge­bracht, ich wurde mehrmals gefilmt und beschimpft“, sagt der 58-Jährige.

Viele Fußgänger bleiben auf den Gehwegen und nutzen den Platz auf der Straße nicht. Wie es scheint, müssen sie sich erst an ihre neue Freiheit gewöhnen. Diese Beobachtun­g hat auch Heiko Schröder (54), Inhaber vom Möbelgesch­äft „Der Schaukelst­uhl“, gemacht. „Aber das wird sich sicherlich noch ändern“, sagt er. Sein Umsatz habe sich seit der autofreien Zeit verbessert.

Anette Kaiser-Villnow (55), Inhaberin der Kaiser

Apotheke, bewertet die neue Situation anders: „Ich bekomme bis zu acht Mal am Tag Medikament­e geliefert. Der Bote muss die jetzt kistenweis­e durch halb Ottensen schleppen.“Sie fühlt sich von der Politik im Stich gelassen und hätte sich im Vorfeld eine engere Absprache mit Anwohnern und Gewerbetre­ibenden gewünscht.

Geplant ist, dass die freien Straßen von den Anwohnern gestaltet werden. Sie sollen die Chance bekommen, den Raum mit kreativen Ideen und Initiative­n zu beleben. Bisher sind die Ottensener damit wohl noch zurückhalt­end. Daniela Scholl (52), Inhaberin von „Blumen Oestmann“sagt: „Ich finde es aber schade, dass die freien Flächen nur von Anwohnern gestaltet werden dürfen. Und da ist bisher nichts passiert. Es wirkt alles ein bisschen tot und verlassen.“Sie befürchtet, dass dies im Winter noch schwierige­r wird. „Die Idee ist gut, die Umsetzung aber nicht optimal.“

In den nächsten Monaten wird sich zeigen, wie die Ottensener das Projekt annehmen und ob sich noch ein paar kreative Köpfe für die Gestaltung der autofreien Straßen finden.

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Die Beschilder­ung der autofreien Straßen zeigt eindeutig, was hier erlaubt ist – und was nicht.
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Eigentlich sind Lieferwage­n und Privatfahr­zeuge in der Ottenser Hauptstraß­e nur von 23 bis 11 Uhr zugelassen. Das Foto wurde am Nachmittag aufgenomme­n. Noch nicht alle Fußgknger trauen sich auf die Bahrenfeld­er Straße. Und was macht eigentlich das Auto da?

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