Hamburger Morgenpost

Brexit-Boris steuert Briten in die Sackgasse

No-No-Deal-Gesetz, Alt-Konservati­ve aus Partei geworfen. Die Opposition setzt sich durch

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LONDON - Ein brutaler Machtältes­te kampf, wie ihn die Demokratie der Welt noch nicht erlebt hat: Das BrexitDram­a steuert am Mittwochab­end auf einen neuen Höhepunkt zu. Der britische Premier und EU-Gegner Boris Johnson scheint sich in eine Sackgasse manövriert zu haben – doch noch ist er nicht gescheiter­t. Gleich seine erste AbstimUnte­rschallend­e mung im britischen haus war eine Ohrfeige für Brexit-Boris. Die Abgeordnet­en setzten Dienstagna­cht eine alternativ­e Tagesordnu­ng für den kommenden Tag durch. Gestern Abend dann die herbe Schlappe für Johnsich son: Das Unterhaus stimmte für ein Gesetz gegen einen ungeregelt­en EU-Austritt am 31. Oktober. Auch 21 Abgeordnet­e aus Johnsons Tory-Partei stellten gegen ihren Parteichef – darunter insgesamt zehn ehemalige Minister.

Schon am Dienstagab­end hatte der Premier versucht, hart durchzugre­ifen: Die abAbgeordn­eten trünnigen erhielten eine SMS, in der ihdass nen mitgeteilt wurde, sie aus der konservati­ven Fraktion ausgeschlo­ssen werden. Ihre politische Karriere wäre damit bei den Torys im Fall von Neuwahlen vorbei. Betroffene Abgeordnet­e werfen Johnson „Säubeselbs­t rungen“vor. Johnson hatte mehrfach gegen seine Vorgängeri­n Theresa May gestimmt.

Neuwahlen sind womögJohns­on lich das Einzige, was das Schicksal ersparen würde, als der am kürzesten amtierende Premiermin­ister in die Geschichte Großbritan­niens einzugehen. Der 55Jährige will nun Neuwahlen anstreben. Am Mittwochvo­rmittag sprach er bereits vom 15. Oktober als möglichen Termin – ein Dienstag, obwohl eigentlich immer am Donnerstag gewählt wird. Am Mittwochab­end stellte er dann im Unterhaus einen entspreche­nden Antrag. Politische Beobachter verJohnson muten, hatte es von Beginn an nur auf Neuwahabge­sehen. len Denn die Umfragen sehen seine heilzerstr­ittene los Partei momentan noch vorn.

Doch so einfach ist die Sanicht. che Denn für Neuwahlen braucht Johnson eine Zweidritte­lmehrheit im Unterhaus. Seine Regierungs­mehrheit von einer Stimme hatte Johnson bereits am Dienstag verloren: Während der Debatte war der Tory-Abgeordnet­e Phillip Lee zur Opposition, den proeuropäi­schen Liberaldem­okraten, übergelauf­en.

Opposition­sführer Jeremy Corbyn (Labour), der in der BrexitFrag­e selbst schwankt, will Neuwahlen aber nicht zustimmen – jedenfalls nicht, bevor das Gesetz, das einen No-Deal-Brexit verhindern soll, in trockenen Tüchern ist. Die Mehrheit im Unterhaus ist gefunden, jetzt muss ihm aber noch das Oberhaus zustimmen. Dafür bliebe aber nur wenig Zeit, denn die beiden Kammern werden am Montag auf JohnBetrei­ben sons hin erst einmal in den Zwangsurla­ub geschickt. Außerdem fürchtet die Opposition, Johnson könnte nach einer Auflösung des Parlaments die Neuwahvers­chieben len – auf einen Zeitpunkt nach dem 31. OkDas tober. ist das Recht des Premiers. So hätte er das Pardoch lament noch ausmanövri­ert. Ob diese Pattsituat­ion aufgelöst wird – zum Redaktions­schluss war das noch nicht abzusehen.

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Hat sich mit seiner „Kopf durch die Wand“-Strategie in eine Sackgasse manövriert: Der britische Premiermin­ister Boris Johnson.

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