Hamburger Morgenpost

Ehemann zu Unrecht beschuldig­t

Junge Frau vor Gericht: Aus Eifersucht hatte sie den Vater ihrer Kinder mehrmals angezeigt

- Von ANNA DOTTI und STEPHANIE LAMPRECHT

Sie betraten das Amtsgerich­t Wandsbek zusammen, einen Doppelkind­erwagen mit zwei kleinen Jungen schiebend – auf den ersten Blick eine normale Familie. Aber die junge Mutter ist wegen falscher Verdächtig­ungen angeklagt, und der Vater ihrer vier Kinder ist das Opfer. Im Prozess bittet er um Gnade für sie.

Drei Mal war die junge Frau aus Libyen zwischen dem 9. und dem 29. Juni 2017 bei der Polizei, um ihren Lebensgefä­hrten anzuzeigen. Er sei gegen sie und die Kinder gewalttäti­g geworden und habe sie bedroht. Zu dem Zeitpunkt erwartete sie das vierte gemeinsame Kind. Zwei Jahre zuvor war das Paar aus Libyen geflohen. Im März 2018 stand der Mann, mit dem sie nach muslimisch­em Recht verheirate­t war, wegen ihrer Anschuldig­ungen vor Gericht. Im Prozess hat sie damals gestanden, dass die Vorwürfe gelogen waren.

In ihrem jetzigen Prozess erklärte die junge Mutter sichtlich beschämt über eine Dolmetsche­rin, dass sie damals eifersücht­ig gewesen sei. Ihr Mann habe eine andere Frau heiraten wollen. Während ihrer Aussage wagt sie kaum, die Augen zu heben.

Der Mann, als Zeuge geladen, räumte ein, dass er damals eine andere Beziehung hatte. Er bittet das Gericht um ein gnädiges Urteil: „Ich möchte nicht, dass etwas Schlimmes auf meine Frau zukommt.“

Durch Nachfragen der Richterin entsteht das Bild einer komplizier­ten Beziehung, mit einer großen Abhängigke­it der jungen Frau von ihrem Mann. Sie hat vier kleine Kinder im Alter von zwei bis sieben Jahren, keinen Beruf und spricht kein Deutsch.

„Es war eine besondere Familienko­nstellatio­n“, so die Richterin. Die Angeklagte habe „aus emotionale­r Aufregung“gehandelt und Hilfe an der falschen Stelle gesucht. Inzwischen wird die Familie vom Jugendamt betreut. Das Paar ist getrennt, kümmert sich aber gemeinsam um die Kinder.

Urteil: 150 Euro Geldstrafe (30 Tagessätze à 5 Euro). Die Richterin wandte sich zum Abschluss an die Angeklagte: „Alles Gute für Sie.“Das Paar wirkt erleichter­t, als der Prozess zu Ende ist.

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Das Paar ist inzwischen getrennt, kümmert sich mithilfe des Jugendamte­s aber zusammen um die vier gemeinsame­n Kinder.

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