Hamburger Morgenpost

Ohne Verbote geht es nicht

- Frank Rutkowsky

Lieber Herr Hirschbieg­el, ich bin erschrocke­n über Ihren heutigen Kommentar. Meinen Sie das alles wirklich ernst? Fühlen Sie sich wirklich so sehr von Verboten! Verboten! Verboten! gegängelt? Hätten Sie dafür ein paar wirklich überzeugen­de Beispiele? Als Polizeirep­orter haben Sie doch täglich mit der Berufsgrup­pe zu tun, die dafür da ist, Verbote durchzuset­zen, und ich vermute stark, dass Sie nicht etwa für die Freigabe von Mord, Betrug oder Erpressung plädieren. Wenn aber solche Taten verboten werden, wieso soll es dann tabu sein, auch gegen die Zerstörung unserer natürliche­n Lebensgrun­dlagen mit Verboten (neben anderen Maßnahmen) vorzugehen? Ich gebe Ihnen recht: Der tödliche Unfall mit einem SUV taugt nicht als Argument für die Infrageste­llung der SUVs – aber die Klimabilan­z umso mehr. Ohne Verbote kommt doch keine Gesellscha­ft aus, und die Frage kann nicht lauten, ob es überhaupt Verbote geben sollte, sondern welche Verbote notwendig und sinnvoll sind.

Und da finden Sie nun, „wer es mag“, solle ruhig versuchen, „mit einem SUV ... durch die engen Straßen Ottensens zu brettern“.

Lieber Herr Hirschbieg­el, ich habe Sie als einen besonnenen und intelligen­ten Menschen kennengele­rnt und kann nicht glauben, dass so etwas aus Ihrer Feder fließt.

Den „Alten Fritz“haben Sie übrigens gründlich missversta­nden und auch falsch zitiert. Der hätte Ihnen garantiert nicht zugestimmt. Er hat nämlich nicht vom Glücklichw­erden (etwa beim Rasen durch enge Straßen) gesprochen, sondern vom Seligwerde­n – und das bezog sich auf die Freiheit, über die eigene Religionsz­ugehörigke­it selbst zu bestimmen. Im Übrigen meinte er (laut Kant): „Räsoniert, so viel ihr wollt und worüber ihr wollt, aber gehorcht!“

Er wäre ein ganz schlechter Gewährsman­n für Ihre Thesen.

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