Milliardenloch bei der Bahn
Bundesrechnungshof: Situation im Staatskonzern „besorgniserregend“
FRANKFURT - Berateraffäre, Streckenstilllegung, immer wieder technische Pannen und Unpünktlichkeiten – die Bahn kommt nicht zur Ruhe. Jetzt schlägt der Bundesrechnungshof Alarm: Die wirtschaftliche Situation sei besorgniserregend, bis Jahresende fehlen dem Unternehmen 3 Milliarden Euro. Der Deutschen Bahn fehlen nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs in diesem Jahr mehrere Milliarden Euro. „Bereits bis Ende des Jahres 2019 wird eine signifikante Finanzierungslücke von fast 3 Milliarden Euro bestehen“, heißt es in einem Bericht der Behörde an den Bundestag. Sollte ein Verkauf der Auslandstochter Arriva diese Lücke nicht schließen oder das Geschäft nicht zustande kommen, könne die Bahn ihre Investitionen „nicht aus eigener Kraft finanzieren“, heißt es in dem Dokument.
Hinzu kämen weitere finanzielle Herausforderungen wie die Beschaffung neuer Züge, die Digitalisierung der Schiene oder das Projekt „Stuttgart 21“, die der bundeseigene Konzern „nicht durch operativ erwirtschaftete Cashflows auffangen kann“.
Der Rechnungshof empfiehlt, den Verkauf der internationalen Logistiktochter Schenker zu prüfen. Bereits in einem Sonderbericht im Januar hatte der Rechnungshof den Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn aufgefordert, nicht benötigte Unternehmensteile vollständig zu verkaufen.
Noch am Donnerstagmittag hatte die Bahn mitgeteilt, ihr liege kein Bericht des Rechnungshofes vor. Der Aufsichtsrat werde in seiner Sitzung am 18. September ein Konzept zur Finanzierung der Wachstumsstrategie erörtern. „Kurzum, es gibt für milliardenschwere Investitionen in Züge, Infrastruktur und Personal einen klaren Fahrplan. Die finanzielle Stabilität des DB-Konzerns zeigt sich unter anderem auch in dem unverändert guten Rating am Kapitalmarkt“, betonte die Bahn.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sagte der „Bild“-Zeitung, er erwarte vom Aufsichtsrat „klare Antworten“. Er habe zudem den Vorstand beauftragt, „die Konzernstrukturen effizienter zu organisieren sowie zu verschlanken. Die Strukturen müssen den Hunderttausenden Mitarbeitern und Millionen Kunden dienen.“
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler kritisierte, Scheuer sowie dessen Vorgänger Alexander Dobrindt und Peter Ramsauer – alle CSU – hätten die Probleme der Bahn ignoriert. Dazu gehöre auch, die Rechtsform AG zu ändern.
Die Bundesregierung plant Milliardeninvestitionen im Verkehrsbereich. Am 20. September will das Klimakabinett eine Strategie vorlegen, damit Deutschland die Klimaziele bis 2030 einhält. Schon jetzt steht fest, dass der Bund zusätzliche Milliarden in den Erhalt des zum Teil maroden Schienennetzes steckt. Die geplante Mehrwertsteuersenkung für Ferntickets bei der Bahn von 19 auf 7 Prozent soll laut Papier bis 2023 rund 2,2 Milliarden Euro kosten, bis 2030 rund 6,4 Milliarden Euro. Engpässe an Bahnknotenpunkten sollen beseitigt werden.
Allerdings gibt es dem Vernehmen nach vor allem im Umweltministerium Zweifel daran, ob die Vorschläge von Verkehrsminister Scheuer ausreichen, um die im Klimaschutzplan festgelegten Einsparziele zu erreichen.