Die Cruise Days und der Aberglaube
Im Hamburger Hafen feiern sie heute die Kombination aus Cruise Days und „Blue Port“. Für die einen bedeutet dies der Höhepunkt des Jahres, für die anderen den blauen Gipfel des Zynismus. Während Straßen für Dieselfahrzeuge gesperrt werden, legen mitten in der Stadt zutiefst sinnfreie Schwerölschleudern an, was dann noch zelebriert wird, indem man Neonlicht drüberlegt.
Aber lassen wir das. In früheren Zeiten wäre heute noch mehr im Hafen los gewesen. Es ist Sonnabend, der 14. An einem Freitag auszulaufen, das brachte früher Unglück. An einem Freitag, den 13., auszulaufen, wäre Selbstmord mit Ansage gewesen. Kein Kapitän, der etwas auf sich und seine Crew gab, wäre früher an diesem Tag auf See gegangen.
Die meisten alten Seeleute, die ich kenne, sind abergläubisch. Ich kenne einen, Kapitän Manfred Schleiff aus Buxtehude, der vor jeder Reise eine Flasche Schnaps über Bord warf. Die Marke war dem Gott des Meeres ziemlich egal, doch die Flasche durfte nicht angebrochen sein. Einmal hatte Schleiff nichts Passendes zur Hand und warf eine Flasche Scotch über Bord, aus der schon ein paar Schluck fehlten. „Prompt herrschte während der kompletten Reise miserables Wetter, mit Sturm von vorne und meterhohen Wellen“, erzählte Schleiff. Er entschuldigte sich im Stillen und versprach, es nie wieder zu tun.
Kapitän Jürgen Schwandt erzählte mir, dass es während seiner Zeit auf Segelschiffen schlimm war mit dem Aberglauben. Wer an Deck pfiff, bezog von den älteren Matrosen eine Tracht Prügel. Denn wer pfiff, lockte den nächsten Sturm an. Wie ich höre, gilt diese meteorologische Prävention auch heute noch, minus die Ohrfeigen, versteht sich.
Ganz klar war für Matrosen früher auch, dass Frauen an Bord Unglück bringen. In ihrer Logik hatte jeder, der nicht im Stehen über die Reling pinkeln konnte, auf einem Frachtschiff nichts zu suchen. Manche nagelten Haifischflossen an den Klüverbaum, um böse Geister abzuschrecken. Viele glaubten, dass in Albatrossen und Sturmvögeln die Seelen ertrunkener Seeleute über das Meer segeln.
Heute ist Aberglaube nicht mehr gesellschaftsfähig. Die Vorstellung, dass sich ein Kapitän wegen eines Datums weigert auszulaufen, nachdem mehr als