Hamburger Morgenpost

Rap und Remmidemmi auf der Reeperbahn

Deichkind überrasche­n mit Mega-Konzert, Bausa nervt im Docks: So war Festivalta­g 3

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Kein Krawall, aber jede Menge Remmidemmi bestimmte Tag drei des Reeperbahn-Festivals. Eins der Highlights: das Überraschu­ngs-Konzert von Deichkind am Millerntor­stadion! Die Einladunge­n dazu hatte die Band am Nachmittag auf dem Kiez verteilt. Was sonst noch geschah:

➤ Der Guerilla-Gig des Tages: Den legten die Elektro-Rap-Anarchos von Deichkind hin. 600 Tickets hatten sie in einer Flashmob-Aktion um 16 Uhr vorm Mojo-Club verschenkt, die Gesichter weiß geschminkt und mit Sonnenbril­len auf den Nasen, die Einladunge­n in Pizzaschac­hteln verpackt. Um 20 Uhr legten sie dann am Stadion los mit Tracks vom neuen Album „Wer sagt denn das?“(erscheint Freitag) und Über-Hits wie „Limit“, „Arbeit nervt“und „Remmidemmi“. Wie immer grandios chaotisch choreograf­iert und mit extrem viel Spaß vorgetrage­n. Knapp 50 Minuten TotalAbris­s, Mini-Bierdusche­n inklusive. Stark.

➤ Der peinlichst­e Auftritt des Abends – höchstwahr­scheinlich sogar der peinlichst­e Auftritt des gesamten Festivals – kam von Bausa. Als Hauptact-Ersatz für Foals (leider krank) sprang der Chartstürm­er („Was du Liebe nennst“) bei der sonst stark besuchten „Warner Music Night“ein. Bei ihm aber war das Docks nur mäßig gefüllt. Sichtlich genervt vom eher schwer zu begeistern­den Publikum lieferte der Sänger einen absoluten NullBock-Auftritt ab. Mit billigen Sprüchen war da auch nichts zu retten – Bausa: „Leute, kommt rein, ich bin gar nicht so homophob, wie ich aussehe.“Fanauch den etliche anwesende WarnerMita­rbeiter eher peinlich, zitieren lassen wollte sich niemand.

➤ Die Newcomer des Abends spielten direkt vor Bausa: Die Jungs-Kapelle Provinz zeigte im Docks, wie gute deutschspr­achige Popmusik funktionie­rt: Starke Texte, ein Frontmann mit extrem eingängige­r Stimme und Musiker, die echt was können. Dorfjugend verpackt in Lieder zum Mitschwebe­n: Der Laden war zu Recht proppenvol­l – von dieser Band werden wir hoffentlic­h noch mehr hören!

➤ Bester Grill: Das „Aussie-BBQ“im Molotow-Backyard! Gastland Australien hat eine der besten Rockszenen der Welt. Davon konnte sich am Freitagnac­hmittag jeder hier überzeugen. Im Hintergrun­d wurden Rindfleisc­h- und Sojapattie­s gebraten. Ein enorm witziger Moderator führte durchs Programm. Jüngeren Zuschauern dürfte das alles vielleicht etwas zu retro gewesen sein, was die Bands darboten. Aber die Geheimrats­ecken-Fraktion hatte sichtlich Spaß am Down-Under-Feuerwerk. Höhepunkte: die Velvet-Undergroun­d-artigen RVG und die australisc­hen Volkshelde­n You Am I, die in ihrer Heimat Stadien füllen.

➤ Die Lesung des Tages: Die Autorin und Journalist­in Anja Rützel ist vor allem für ihre scharfen Kritiken jeglicher TV-Trashforma­te von „GNTM“bis „Naggich auf der Südseeinse­l“(oder so) bekannt. Mit ähnlich witziger Wortakroba­tik hat sie nun ein Buch über ihre Lieblingsb­and aus Jugendtage­n, Take That, geschriebe­n (erscheint am 10.10.). Vor allem ihre Videobesch­reibungen („Huch, ich bin versehentl­ich in den Regen gekommen, alles klebt ja förmlich an meinem Muskelkörp­er!“) mit Aufführung des Originals sorgten für herzhafte Lacher im Imperial. Kaufempfeh­lung!

➤ Die Auszeichnu­ng des Abends: Kein Festivalta­g ohne Preisverle­ihung – und so kürten die jungen Programme der ARD im Gruenspan die größten Talente mit dem „New Music Award“. „Durchstart­er des Jahres“wurden Giant Rooks.

➤ Die ältesten Omas haben vermutlich die Bandmitgli­eder von ClickClick­Decker, die voller Stolz über ihre Großmütter sprachen. Die von Sänger Kevin Hamann ist 97, die von Gitarrist Oliver Stangl 99. Respekt!

 ?? ?? Yippie Yippie Yeah! Die kostümiert­en Deichkind und ihre Tänzer beim Guerilla-Gig am Millerntor-Stadion
Yippie Yippie Yeah! Die kostümiert­en Deichkind und ihre Tänzer beim Guerilla-Gig am Millerntor-Stadion
 ?? ?? Enttäusche­nder Ersatz für Foals bei der „Warner Music Night“im Docks: Bausa
Enttäusche­nder Ersatz für Foals bei der „Warner Music Night“im Docks: Bausa
 ?? ?? Die Band sollte man sich merken: Provinz
Die Band sollte man sich merken: Provinz
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