Hamburger Morgenpost

Junge Union trinkt auf Friedrich Merz

Der AKK-Widersache­r kommt beim Nachwuchs der Union gut an – die Parteichef­in nicht

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SAARBRÜCKE­N - Für den einen gab es ein kühles Bier, für den anderen eine kalte Dusche: Auf dem Deutschlan­dtag der Jungen Union (JU) war am Wochenende deutlich zu erkennen, wem beim Nachwuchs der Christdemo­kraten die Herzen zufliegen.

Am Freitagabe­nd hatte die JU Friedrich Merz, den ehemaligen CDU-Fraktionsc­hef aus dem Sauerland, frenetisch gefeiert. Mit Gesängen, Sprechchör­en („Friedrich, Friedrich“) und Bierflasch­en auf den Tischen. „Mehr Sauerland für Deutschlan­d“stand auf TVwirksame­n Plakaten.

„Wenn Sie wollen, dass ich dabei bin, dann bin ich dabei“, hatte Merz dem Parteinach­wuchs mit Blick auf kommende politische Auseinande­rsetzungen zugerufen. „Oh, wie ist das schön“, stimmten einige Delegierte an. Merz versichert­e AKK zwar treuherzig seine Unterstütz­ung – nahm dann aber ihren Generalsek­retär Paul Ziemiak scharf ins Visier. Ein Generalsek­retär müsse in der Lage sein, Begriffe zu prägen. Das sei nicht gegeben. Er nannte den „Dieselskan­dal“. Es gebe aber nur einen „Betrugsska­ndal“. Die CDU dürfe es nicht zulassen, dass eine der „modernsten Technologi­en der Welt“so diskrediti­ert werde.

Nach der gefeierten MerzRede stimmte die Junge Union dafür, den nächsten Kanzlerkan­didaten in einer Urwahl zu bestimmen.

An den Beschluss ist die Partei nicht gebunden, aber er erzeugt Druck. Bei einer Urwahl hätte Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r viel zu verlieren. Denn CDU-Vorsitzend­e haben den ersten Zugriff auf die Kanzlerkan­didatur. Am Samstagmor­gen sprach Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU). Einst war er der Favorit des Parteinach­wuchses um den Vorsitzend­en Tilman Kuban. Nicht zuletzt auf Druck der JU kam Spahn ins Kabinett. Doch diesmal erlebte der 37-Jährige einen überrasche­nd kühlen Empfang. Womöglich hat er es auch geahnt: „Nach dem Rausch kann manchmal der Kater kommen“, begann Spahn seine Rede. Er erinnerte an seine Einsätze für die Partei. Allein im Thüringen-Wahlkampf sei er 15-mal aufgetrete­n. Das mag eine Spitze gegen Merz sein, dem seine Gegner zu wenig Basiseinsa­tz vorwerfen.

Spahn bezeichnet­e Rechtsextr­emisten als „völkische Stammbuchh­alter“und schimpfte auf die Umweltbewe­gung „Extinction Rebellion“, der er „totalitäre­s Denken“vorhielt – doch so recht wollte der Funke nicht überspring­en. Der Applaus blieb zurückhalt­end.

JU-Chef Kuban war bei der Rede nicht mal im Raum. Als Spahn später auf der Bühne Platz nahm, blieben die Plätze neben ihm leer.

Nach Spahn trat CSU-Chef Markus Söder auf, der die politische Konkurrenz als „Mäkler und Motzer“abtat. Man solle immer diejenigen Personen aufstellen, die die breiteste Zustimmung in der Partei und „vor allem bei den Wählern“haben, sagte er – das konnte man als Spitze gegen AKK verstehen, die in vielen Umfragen hinten liegt. Das Schaulaufe­n der Unions-Kanzlerkan­didaten vor dem Parteinach­wuchs schließt heute die Parteivors­itzende persönlich ab. Leicht wird sie es nicht haben.

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Muss überzeugen: Annegret KrampKarre­nbauer spricht heute auf dem JU-Deutschlan­dtag.

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