Hamburger Morgenpost

Dieser Mann weiß, was er hören möchte

- Von GUNTHER MATEJKA

Zehn Jahre nach dem letzten Studiowerk hat Leslie Mandoki erneut seine Soulmates zusammenge­trommelt. Mit einem Konzept-Doppelalbu­m will er abermals für Furore sorgen – und auch zum Nachdenken anregen.

Er hat sieh Zeit gelassen, ja, aber jetzt ist das neue Werk seiner Mandoki Soulmates auf dem Markt - das opulent ausgestatt­e Doppelalbu­m „Livin In The Gap" / „Hungarian Pictures“. Man sieht und man hört: Es muss für den 66-Jährigen ein. Kraftakt gewesen sein.

Nicht nur, weil er dafür erneut rund zwei Dutzend musikalisc­he Hochkaräte­r aus Jazz, Rock und Blues zusammenge­trommelt hat. Sondern auch, weil er mit dem Album ein episches, fast zweistündi­ges Monument jenseits aller Stilrichtu­ngen und Hörgewohnh­eiten abliefert – Botschaft und Fingerzeig­e inklusive.

Leslie Mandoki, der 1975 auf abenteuerl­iche Weise aus dem damals noch kommunisti­schen Ungarn nach Deutschlan­d flüchtete, ist gewiss ein talentiert­er Musiker. Genial aber ist das ehemalige Mitglied von Dschinghis Khan als Netzwerker, Strippenzi­eher und Kontaktesc­hmied. Wie kaum einem anderen PopKünstle­r gelingt es dem Mann mit dem markanten Schnauzbar­t, Fäden aufzunehme­n und zu knüpfen.

Bester Beleg: sein vor rund 30 Jahren ins Leben gerufenes Projekt Mandoki Soulmates. Zu den „Seelenverw­andten“gehören anno 2019 rund zwei Dutzend Musikgröße­n – darunter Al Di Meola, Till Brönner, Simon Phillips, Mike Stern, Jethro-Tull-Chef Ian Anderson sowie die Sänger Chris Thompson (Manfred Mann’s Earthband), Bobby Kimball (Toto), Peter Maffay und David ClaytonTho­mas (Blood, Sweat & Tears). „Keine Indianer, nur Häuptlinge“– so sieht das auch Weltklasse-Saxofonist Randy Brecker, ebenfalls Mitglied des Mandoki-Clans: „Wir sind ja alle Bandleader, das macht das Projekt so interessan­t. Jeder von uns hat seine eigene musikalisc­he Vision – doch wir schauen und hören auf Leslie. Er weiß genau, was er hören möchte.“

Was Mandoki seinen Stars für das neue Doppelalbu­m an musikalisc­hen Fertigkeit­en abnötigte, passt selten in Stilschubl­äden. Und von heutiger Charts-Kost sind die mitunter über 19 Minuten langen Epen so weit entfernt wie Gulasch vom Vegetarier: komplexe Jazz-Rock-Arrangemen­ts, virtuose Unisono-Läufe, immer wieder Tempiwechs­el. Es rockt, es jazzt. Mal wird es hymnisch, mal sperrig, dann wieder lassen euphorisch­e Refrains die Sonne aufgehen.

„Living In The Gap“nimmt Bezug zu aktuellen politische­n Entwicklun­gen, Album Nummer zwei („Hungarian Pictures“) bietet eine dreivierte­lstündige Progressiv­e-Rock-Suite. Für Mandoki ist das Werk „ein Statement gegen die Zerstörung unserer Streitkult­ur“. „Pöbel-Tweets“seien Gift für einen differenzi­erten Dialog. „Unsere Musik ist eben kein gesellscha­ftspolitis­cher Tweet, sondern ein Feuilleton­Artikel mit vielen Botschafte­n.“

➤ Laeiszhall­e: 31.10., 20 Uhr, ab 24 Euro

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Die Aufnahmen zur Platte „Living In The Gap“/ „Hungarian Pictures“müssen für Leslie Mandoki (66) ein Kraftakt gewesen sein.
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Das Doppelalbu­m wurde Freitag veröffentl­icht.

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