Wer arm ist, stirbt früher – aber warum?
Ost-Männer mit geringem Einkommen haben acht Mal höheres Todesrisiko
ROSTOCK - Armut, Arbeitslosigkeit und schlechte Bildung gehen in Deutschland mit einer deutlich verkürzten Lebenserwartung einher. Das fanden Forscher des Rostocker Max-Planck-Instituts für demografische Forschung nach Auswertung von 27 Millionen Datensätzen heraus. So ist das Risiko von Männern, die am schlechtesten verdienen, im Alter zwischen 30 und 59 Jahren zu sterben, um 150 Prozent höher als bei Männern, die am besten verdienen.
Arbeitslosigkeit verdopple in dieser Altersgruppe das Sterberisiko, schlechtere Bildung erhöhe es bei Männern um etwa 30 Prozent, schreibt das Team im Fachblatt „BMJ Open“. Bei Frauen seien die Unterschiede beim Einkommen weniger stark ausgeprägt. Arbeitslosigkeit und Bildung dagegen würden ähnlich schwer wiegen wie bei Männern.
Wie extrem Einkommen und Arbeitsstatus die Lebenserwartung mitunter beeinflussen können, zeigt die am stärksten benachteiligte Gruppe der Männer in Ostdeutschland. Dort zählten 14 Prozent zur untersten Einkommensund Bildungsschicht. „Diese Gruppe hat im Vergleich zur höchsten Einkommens- und Bildungsschicht ein mehr als acht Mal so hohes Sterberisiko“, sagt Autor Pavel Grigoriev. Zum Vergleich: Im Westen ist die am stärksten benachteiligte Gruppe bei Männern mit rund 11 Prozent kleiner und mit einem gut fünf Mal erhöhten Sterberisiko etwas weniger stark benachteiligt.
Dennis Nowak vom Klinikum der Ludwig-Maximilian-Universität München betont, das Verhältnis zwischen Armut, Arbeitslosigkeit und Lebenserwartung sei bislang nicht geklärt. Er geht von bekannten Faktoren aus: Arbeitslose rauchten im Schnitt mehr und ernährten sich ungesünder. Häufig folgten auf Arbeitslosigkeit psychische und körperliche Erkrankungen. Daraus könne salopp die Folgerung gezogen werden: „Ein nicht so ganz toller Arbeitsplatz ist oft immer noch besser als gar keiner.“Gleichzeitig sei klar, dass Bildung der Schlüssel für Arbeit und gutes Einkommen ist.
Die Rostocker Forscher hatten die Rentenversicherungsdaten von 27 Millionen deutschen Arbeitnehmern ausgewertet, die 2013 zwischen 30 und 59 Jahre alt waren. In dem Jahr starben mehr als 42 000 Menschen aus dieser Gruppe.