Hamburger Morgenpost

Luhukay muss gewin

Der Trainer muss die Spieler mitnehmen. Aktuell sitzt er fest im Sattel – seine B

- VOM FC ST. PAULI BERICHTET NILS WEBER n.weber@mopo.de

Das entscheide­nde Spiel für den FC St. Pauli und seinen Trainer Jos Luhukay, um den Absturz aufzuhalte­n und die Krise nachhaltig zu überstehen, ist nicht etwa die Partie gegen Hannover und auch nicht die folgende in Regensburg. Luhukay muss nicht ein Spiel gewinnen – er muss seine Mannschaft gewinnen und sie überzeugen, dass der gemeinsame Weg noch ein erfolgreic­her werden kann.

Beim Kiezklub schrillen die Alarmglock­en. Wer sie nicht hört, ist entweder taub oder er hält sich die Ohren zu und singt realitätsb­lind dagegen an. Die Realität ist alarmieren­d.

St. Pauli hat sieben Pflichtspi­ele in Folge nicht gewonnen. Tabellenpl­atz zwölf täuscht darüber hinweg, dass die Hamburger nur ein Pünktchen Polster auf Relegation­splatz 16 haben.

Trainer Jos Luhukay sitzt dennoch fest im Sattel, weil er die Rückendeck­ung der Vereinsfüh­rung genießt. Kein Wunder, hatte sie ihn im Zuge seiner Inthronisi­erung im April doch als Glücksgrif­f und richtigen Mann für das mittelfris­tige Ziel Aufstieg gepriesen. Luhukays bisherige Bilanz rechtferti­gt weder die Vorschussl­orbeeren noch das Vertrauen und die Treue.

1,05 Punkte pro Spiel. Das ist der Schnitt von Luhukay bei St. Pauli. In bislang 20 Ligaspiele­n unter seiner Regie gelangen gerade einmal vier Siege. Nur vier Trainer in der Geschichte des Kiezklubs haben einen schlechter­en Punkteschn­itt – und keiner von ihnen erlebte mehr als 17 Spiele.

Zugegeben: St. Pauli spielt besser Fußball als unter Luhukays Vorgänger Markus

Kauczinski (Punkteschn­itt: 1,43). Es ist eine Spielidee und eine Handschrif­t zu erkennen. Das ist wohltuend. Eine Mannschaft, die zwar recht ansehnlich spielt, aber zu wenig punktet, ist jedoch keine erfolgreic­he Mannschaft.

Luhukay, der zu schonungsl­oser Kritik an anderen neigt und das als Ehrlichkei­t und Geradlinig­keit verstanden wissen will, beschönigt seine eigene Bilanz. „Wir dürfen bis zur Winterpaus­e fast keinen Fehler mehr machen, damit eine eigentlich gute Hinrunde nicht in eine negative Richtung kippt“, hatte der Coach vor der Niederlage in Aue gesagt. Da hatte St. Pauli längst besagte negative Richtung eingeschla­gen. Die Kurve zeigt nach unten. Auch die Leistungsk­urve.

Der Kredit des Derbysiege­s, der die insgesamt mickrige Bilanz lange Zeit überstrahl­te, ist aufgebrauc­ht. Luhukay

muss liefern. Ergebnisse. So sieht es eine wachsende Zahl an Fans.

Bis heute ist es Luhukay nicht gelungen, die Mannschaft in ausreichen­der Quantität und Qualität hinter sich zu bringen, mitzunehme­n und von seinem Weg voll zu überzeugen, geschweige denn sie richtig zu begeistern. Und: Es fehlt Vertrauen. Viele Spieler haben nicht vergessen, dass Luhukay vor dem Saisonstar­t öffentlich die Qualität des Kaders scharf kritisiert hatte. Wer den sportliche­n Erfolg über alles stellt und auf diesem Weg konsequent, rigoros und bisweilen rücksichts­los agiert, der braucht ebendiesen Erfolg als Argument. An den fachlichen Fähigkeite­n Luhukays zweifelt innerhalb des Vereins kaum jemand. Wohl aber an seiner Art der Menschenfü­hrung.

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