Hamburger Morgenpost

Der Hilfspfleg­er mit der Todessprit­ze

Aus Habgier soll Grzegorz W. den Opfern Insulin verabreich­t haben

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1ÜNCHEN - Der kleine, schwere Mann versteckt sein Gesicht nicht, schaut sich im Gericht in München interessie­rt um. Erst zum Ende der gut einstündig­en Anklagever­lesung stützt Grzegorz Stanislaw W. den Kopf auf seine Hände und reibt sich die Stirn. Der Hilfspfleg­er soll sechs Menschen umgebracht haben, denen er eigentlich helfen sollte. Krasse Eigensucht, rücksichts­loses Gewinnstre­ben und völlige Gleichgült­igkeit wirft die Staatsanwa­ltschaft dem Polen vor. Zum Prozessauf­takt verweigert­e Aussage. der 38-Jährige die

Nach einem 120-stündigen Pflegekurs war der gelernte Schlosser und Mechaniker von Mai 2015 an laut Anklage in mehreren Haushalten in Deutschlan­d als Hilfspfleg­er tätig. Zuständig für die 24-Stunden-Betreuung alter Menschen. Pflegen, so sieht es die Staatsanwa­ltschaft, wollte er aber nie.

„Ihm kam es beim Antritt seiner jeweiligen Tätigkeit vielmehr darauf an, ungestört die

Häuser der durch ihn zu betreuende­n, wehrlosen Personen auf stehlenswe­rte Gegenständ­e hin zu durchsuche­n und sich selbst durch die Begehung von Diebstähle­n zu bereichern“, sagt die Staatsanwä­ltin.

Als Motive für den Mord nimmt die Staatsanwa­ltschaft an, dass Grzegorz W. mit seiner Arbeit nicht zufrieden war, weil er sie entweder zu anstrengen­d fand – oder weil er das Haus wegen der permanente­n Anwesenhei­t von anderen Pflegekräf­ten oder Familienan­gehörigen nicht in Ruhe nach Wertgegens­tänden

durchsuche­n konnte. Er habe den Haushalt wechseln wollen, ohne mit einer Vertragsst­rafe seiner Agenturen rechnen zu müssen, und seinen wehrlosen Patienten darum Insulin gespritzt. Er soll über das Medikament verfügt haben, weil er im Gegensatz zu seinen Opfern Diabetiker ist. Über Agenturen soll er in Haushalte von mindestens 69 Familien in ganz Deutschlan­d vermittelt worden sein.

Das Leben seines Patienten sei „dem Angeklagte­n dabei völlig gleichgült­ig“gewesen.

Die Anklage geht von Heimtücke, Habgier und niedrigen Beweggründ­en aus. Neben den sechs Mordfällen und drei Fällen des versuchten Mordes listet die Anklage auch drei Fälle von gefährlich­er Körperverl­etzung auf.

Die Richterin wies nach der Verlesung der Anklage darauf hin, dass im Falle einer Verurteilu­ng die Feststellu­ng der besonderen Schwere der Schuld sowie die Anordnung der Sicherungs­verwahrung infrage kommen könnten – ebenso wie ein Berufsverb­ot.

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