„Wenn wir jetzt handeln, ist
Die beiden Sprecher von „Fridays for Future“geben zu: „Wir sind schon mal geflogen“
Es geht wieder für das Klima auf die Straße! Am Freitag ruft „Fridays for Future“zum vierten globalen Klimastreik auf. Auch in Hamburg werden Zehntausende Teilnehmer erwartet. Die MOPO sprach mit den Hamburger Pressesprechern Jesko Hennig (18, Student) und Annika Rittmann (17, Schülerin) über den Tag.
MOPO: Warum engagieren Sie sich für eine bessere Klimapolitik? Jesko Hennig: Es wird seit Jahren nichts für ein besseres Klima getan. Ich habe Ansprüche an mein zukünftiges Leben, möchte mal Kinder haben und vielleicht mal ein Haus bauen. Wir müssen uns deshalb jetzt für unsere Zukunft einsetzen …
Annika Rittmann: Jahrelang war Klima ein Randthema. Ich verstehe nicht, warum die Politik kaum etwas bewegt und das Thema vor sich hergeschoben hat. Das weckt in mir Wut und Unverständnis. Jesko Hennig: Als junger Mensch ist man in einer krassen Situation. 11 000 internationale Wissenschaftler rufen den Klimanotstand aus. Gleichzeitig hört man von der Politik, dass alles gut sei. Da kann man als junger Mensch nicht anders als reagieren. Aber ist es dafür nicht längst zu spät?
Annika Rittmann: Wir sind genau jetzt an dem Punkt, an dem es noch nicht zu spät sein muss. In ein paar Jahren stehen wir vor den Kipppunkten. Wenn wir erst in zehn Jahren anfangen zu handeln, müssen wir viel stärker reglementieren.
Jesko Hennig: IchhabedieGesellschaft noch nie so bewegt wie derzeit erlebt. Den Stein, den wir ins Rollen gebracht haben, müssen wir jetzt nur noch auf die politische Bühne schieben.
Mit dem Schritt in die Öffentlichkeit stellen Sie sich als Pressesprecher auch der Kritik. Sind Sie darauf vorbereitet?
Jesko Hennig: Das Wichtigste ist, dass man es zusammen macht. Steht da nur einer, ist es viel schlimmer, viel Hass und Häme abzubekommen. Wir stehen da nicht als Privatpersonen,
sondern sind gewählt worden von vielen Menschen, die sich der Sache auch gestellt haben. Das hilft extrem.
Annika Rittmann: Bei einer Demonstration hat ein Mann mal gebrüllt, dass wir den Menschen finanziell schaden, indem wir konsequente Klimaschutzgesetze fordern. Wenn man auf die Menschen zugeht und mit ihnen ins Gespräch kommt, bemerken sie, dass es komplett legitim ist, was wir fordern. Wir fordern die Einhaltung des 1,5Grad-Ziels. Das schadet niemandem, sondern kann für sozialen Ausgleich sorgen. Luisa Neubauer wurde als Gesicht der deutschen „Fridays for Future“deutschlandweit bekannt. Wie denken Sie darüber?
Jesko Hennig: Ich glaube, es ist sinnvoll, Gesichter zu haben. Einerseits fordern wir Inhaltliches, anderseits stehen wir auch als Menschen dafür und halten unser Gesicht hin. Es ist wichtig, dass wir repräsentiert werden.
Sind Sie schon mal geflogen? Annika Rittmann: Ja, auf Klassenreise. Ich habe versucht, mich zu weigern. Aber das fand die Lehrerin nicht so toll.
Jesko Hennig: Ja, vor fünf Jah
ren.
Es gibt ja oft Vorwürfe, dass Schüler einerseits klimafreundliches Verhalten verlangen, aber andererseits mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen oder gern Fast Food essen …
Jesko Hennig: Wir fordern nicht, dass die Menschen jetzt sofort vegan werden oder ihren Diesel abstellen. Es geht darum, die Politik dazu zu bewegen, ein System zu schaffen, in dem wir normal leben können – und zwar nicht auf Kosten der folgenden Generationen. Da muss die Politik nur Gestaltungswillen haben. Annika Rittmann: Es hat einen Wandel gegeben. Man bekam von der Gesellschaft mitgegeben, dass es toll ist, viel zu reisen. Mit diesem Lebensstil wachsen wir hier auf. Wenn man anfängt, sich damit auseinander zu setzen, kommt man ins Nachdenken.
Am Freitag findet der vierte globale Klimastreik in Hamburg statt. Rechnen Sie wieder mit großem Andrang?
Annika Rittmann: Der Anspruch ist nicht, dass wir auf den Demonstrationen immer größer und größer werden. Sondern zu sagen: Wir hatten beim letzten Klimastreik mit 1,4 Millionen Menschen in Deutschland eine Masse hinter uns stehen und wollen jetzt gemeinsam die Überarbeitung des Klimapakets fordern.
Was wünschen Sie sich vom Klimastreik in Hamburg?
Jesko Hennig: Dass wir Teilnehmer zu eigenen Aktionen inspirieren und dass die Demonstration ein Startpunkt ist. Wenn die Leute anschließend überlegen würden, wie sie für die Zukunft einstehen können, dann wäre das großartig.
Ich verstehe nicht, dass die Politik das Thema Klima so lange vor sich hergeschoben hat. Annika Rittmann