Hamburger Morgenpost

Aus dem Lehrling wird der Chef – neuer Mann am Ruder

Dirk Heiert wird Geschäftsf­ührer der Kieler Traditions­werft Rathje – auch sonst gibt es viele Neuerungen

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Von NINA GESSNER

Als Paul Rathje 1922 seine Werft im Kieler Stadtteil Friedrichs­ort gründete, waren seine Kunden vor allem Fischer. Sie bestellten bei dem auf Holzbau spezialisi­erten Bootsbauer ihre Kutter. Heute werden die Kutter bei Rathje nur noch abgewrackt. Und der hundert Jahre alte Familienbe­trieb muss mangels Nachfolger­n neue Wege beschreite­n.

28 Jahre lang hat Rathjes Enkelin Edith Vonhoff das Erbe ihres Großvaters in Ehren gehalten. Jetzt ist es genug. Ende 2020 will die Chefin der „Yacht- und Bootswerft Rathje“in den Ruhestand gehen. Da Vonhoff keine Kinder hat, war keine familienin­terne Lösung möglich. Doch nun wurde jemand gefunden, der bei Rathje quasi groß geworden ist und der den Betrieb von der Pike auf kennengele­rnt hat.

Dirk Heiert heißt der neue Chef, der mit seinen 31 Jahren zwar noch recht jung ist und doch gleichzeit­ig ein alter Hase. Denn der gebürtige Stralsunde­r hatte bei Rathje vor vielen Jahren als Lehrling angefangen, brachte es im Laufe der Jahre zum Bootsbaume­ister und wird nun Geschäftsf­ührer.

Bei Rathje beginnt eine neue Ära. Und das nicht nur auf personelle­r Ebene. Auch was die Unternehme­nsstruktur angeht, steht ein

Umbruch an. Die Traditions­werft will sich in eine Beteiligun­gsgesellsc­haft mit etwa 20 kleineren Kapitalgeb­ern umwandeln, sagt Notar Peter Beckmann. Gesucht werden maximal 20 Investoren, die mit 20 000 bis 60 000 Euro stille Beteiligun­gen erwerben oder als Kommanditi­sten mitmachen.

„Für unsere Zukunft entscheide­nd ist die Ausweitung der Geschäftsf­elder“, betont auch Rathje-Projektlei­ter Kay Dürschke. Die Werft hat nach einer bewegten Geschichte, die vom Kutterbau in der Gründungsz­eit über die Wartung von Bundeswehr-Schiffen in der Nachkriegs­zeit bis hin zum privaten Yacht-Geschäft seit den 90er Jahren reichte, besonders in den vergangene­n drei Jahren große Veränderun­gen erlebt: Der eigene Yachthafen wurde modernisie­rt, die Zahl der Liegeplätz­e von 38 auf 98 ausgeweite­t. Zusätzlich­e Freifläche­n und

Hallen am Kieler Flughafen wurden für Winterplät­ze gemietet. Im September öffnete ein Yachtshop mit Bar und Café. Auf den Dächern der Werfthalle­n produziere­n Solarpanee­le Öko-Strom, den Liegeplatz­besitzer kostenlos nutzen können.

Auch das schwierige Neubaugesc­häft soll wieder Fahrt aufnehmen. Im April 2020 startet der Bau eines Luxus-Hausbootes. Ein Auftrag vom Segelverei­n „Schüler Segeln Schleswig-Holstein“ist so gut wie in trockenen Tüchern.

Am meisten zählen bei Rathje aber wie seit hundert Jahren diejenigen, die das Werkzeug in der Hand halten. „Ganz wichtig sind die Mitarbeite­r. Alles steht und fällt mit der Einstellun­g und einer guten Arbeitsatm­osphäre“, betont Edith Vonhoff. Und so gilt das Angebot, sich an der Werft zu beteiligen, auch für die 22 Mitarbeite­r.

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Bringt frischen Wind in die Werft: Neu-Geschäftsf­ührer Dirk Heiert
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Dirk Heiert (r.) und Projektpla­ner Kay Dürschke

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