Er kam, sang und siegte
Opernstar Plácido Domingo begeisterte sein Publikum in der Elbphilharmonie
Kommt er oder kommt er nicht? Eine Frage, die sich seit den Anschuldigungen gegen Plácido Domingo (78) im Zuge der #MeToo-Bewegung viele stellten, nicht jedoch KonzertVeranstalter Neuland Concerts. So stand der Opernstar am Mittwoch pünktlich zur Tagesschau-Zeit auf der Bühne der Elbphilharmonie, die trotz Höchstpreisen von bis zu 425 Euro pro Ticket seit Monaten ausverkauft war.
Mit stehenden Ovationen wurde der Spanier empfangen und versprühte beste Laune: Mit Sopranistin Ana María Martínez schwofte er übers Parkett, mit Dirigent Eugene Kohn machte er Scherze, so dass man sich fast schon fragen konnte: War was?
Der erste Konzertteil stand im Zeichen der großen Arien. Etliche hat der Mann mit dem Ausnahme-Tenor und -Bariton im Laufe seiner 50-jährigen Karriere gesungen. Zum Glück ist ihm nichts aufs Gesangsorgan geschlagen: Drama, Tragödie, Herzschmerz – all das schwingt in seiner Stimme mit, die ohne Mikrofon den Großen Saal erfüllt. In den oberen Rängen kommt das allerdings nicht bei allen an.
„La traviata“und „Il trovatore“intoniert Domingo im Duett mit der großartigen
Martínez. Begeisterungsstürme gibt es aber erst nach der Pause: „Dein ist mein ganzes Herz“aus Franz Lehárs Oper „Das Land des Lächelns“wertet das Publikum als Liebeserklärung an Hamburg; an der hiesigen Staatsoper hatte er einst erste Erfolge gefeiert. (Für die VerdiOper „Simon Boccanegra“kehrt er ab März für drei Gastspiele dahin zurück.)
Den Höhepunkt bildet das Duett „Tonight“aus „West Side Story“. Auch das Orchester, die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin, kann nun vollends glänzen: Ihr „The Sound Of Music“Medley ist ein Ohrenschmaus!
Mehrere Zugaben gibt es, diesmal mit Mikrofon, was allen dienlich ist. PartyStimmung kommt auf, als Domingo „Besame mucho“anstimmt und sich – von rhythmischem Klatschen begleitet – auf den Weg einmal rund ums Orchester begibt. Seinen treuen Fans dankt er, als er sich später im Foyer zeigt, um Autogramme zu geben. Dort erlebt man einen demütigen Opernstar.