Mietervereine torpedieren Wohnbündnis
Der Architekt und FDP-Politiker Jens P. Meyer (48) kritisiert zwei neue Volksinitiativen
Nach fest kommt ab, weiß der Handwerker: Ist die Schraube überdreht, hält das befestigte Teil nicht mehr. Dieses Bild lässt sich auf Hamburgs Wohnungsmarkt übertragen. Dort haben zwar privater und staatlicher Neubau dazu geführt, dass die Mieten zuletzt langsamer als die allgemeinen Verbraucherpreise gestiegen sind. Doch obwohl der Senat anerkennt, dass Bauen die Lage am besten entspannt, greift er gerne in die sozialistische Mottenkiste, um zu regulieren. Jetzt könnte er von links überholt werden: Zwei neue Volksinitiativen (siehe S. 10 /11) fordern, auf städtischen Grundstücken nur noch Sozialwohnungen zu bauen und Grundstücke ausschließlich im Erbbaurecht zu vergeben. Das droht sinnbildlich die Schraube zu überdrehen.
30 Jahre nach dem Fall der Mauer ist die Lust am Sozialismus bei vielen zurück. Die Mietpreisbremse war der Anfang; weitgehend wirkungslos, aber mit Symbolcharakter. Im rot-rot-grün regierten Berlin soll der Mietendeckel kommen. Auch wenn das Gesetz noch nicht beschlossen und unter Juristen umstritten – weil möglicherweise unvereinbar mit dem Grundgesetz – ist: Sympathie von links gibt es dafür auch in unserer Stadt. Der Hamburger Senat selbst greift immer stärker in den Wohnungsmarkt ein, indem er soziale Erhaltungsverordnungen verhängt oder Vorkaufsrechte ausübt.
Das reicht dem „Mieterverein zu Hamburg“und dem Verein „Mieter helfen Mietern“nicht mehr. Sie wollen mit Volksinitiativen den Senat zwingen, dass auf städtischen Grundstücken nur noch Sozialwohnungen entstehen und städtische Grundstücke nicht mehr verkauft werden dürfen. Damit torpedieren die Vereine das „Bündnis für das Wohnen“, das sie selbst gemeinsam mit der Stadt und den Wohnungsbaufirmen geschlossen haben. Darin festgehalten ist unter anderem der Drittelmix bei Neubauten. Ein Drittel der Wohnungen wird für Menschen mit Wohnberechtigungsschein erstellt, ein Drittel für den freien Mietmarkt und der Rest wird zu Eigentumswohnungen. Das ermöglicht echte Durchmischung der Stadtteile.
Der Deutsche Mieterbund hat vor einiger Zeit vor der sozialen räumlichen Trennung der Wohngebiete unterschiedlicher sozialer Gruppen und vor Ghettoisierung gewarnt. Nun fordern die Hamburger Mietervereine Gebiete mit 100 Prozent Sozialwohnungen. Das würde aber auch den so dringend benötigten Wohnungsneubau für Normalverdiener abwürgen, die keinen Wohnberechtigungsschein haben.
Die Forderung, das Erbbaurecht auszuweiten, ist gleich aus drei Gründen falsch: Erstens würde die Flexibilität verhindert, die wir für quartiersgerechte Stadtentwicklung benötigen. Zweitens sorgt das bei gemeinnützigen freien Wohnungsbaugesellschaften für Finanzierungsprobleme, weil sie die Grundstücke bei der Bank nicht mehr als Sicherheit verwenden können. Und drittens handelt es sich um eine künstliche Verknappung
von Grundstücken – was wiederum die Preise nach oben treibt und noch weniger Menschen ihren Traum von Wohneigentum verwirklichen lässt. Wohneigentum darf aber kein Privileg werden, weshalb wir gerade junge Menschen mit niedrigen Einkommen fördern wollen.
Ganz egal, was die Motive hinter den realitätsfernen Vorschlägen der Mietervereine sind – sie sollten nicht im Überbietungswettkampf um populistische Vorschläge mitmachen. Andernfalls laufen sie Gefahr, ihr hohes Ansehen als „Anwalt der Mieter“zu verspielen. Wohnen in Hamburg muss für alle möglich sein. Dafür braucht es nicht mehr, sondern weniger Regulierung, damit Bauen einfacher, schneller und günstiger wird. Die Politik darf Investoren keine Knüppel zwischen die Beine werfen, sondern muss Vorschriften abbauen, Gesetze auf das notwendige Maß reduzieren, Genehmigungsprozesse vereinfachen und dafür sorgen, dass die Behörden Bauanträge serviceorientiert und zeitnah bearbeiten. Hierfür stehen wir Freie Demokraten in der Hamburgischen Bürgerschaft. Um Preisbeschleuniger beim Bauen künftig klar zu benennen, setzen wir uns für einen Wohnkosten-TÜV ein. Damit ließe sich bei neuen politischen Vorhaben bereits im Vorfeld feststellen, welche Auswirkungen sie auf die Wohnkosten haben.
Zur Erinnerung: Auch der Rückkauf der Energienetze ging auf eine Volksinitiative zurück. Die damit verbundene – von Grünen und Linken geschürte – Hoffnung auf niedrigere Strom- und Gaspreise hat sich bereits zerschlagen. Stattdessen macht Gasnetz Hamburg Verluste, und der Ausbau des Fernwärmenetzes stockt.
Erliegen wir also nicht der Versuchung, auch die Schraube auf dem Wohnungsmarkt vollends „mit links“zu überdrehen.
Die Politik darf Investoren keine Knüppel zwischen die Beine werfen.