Eisige Berlin-Grüße von Trump und Putin
Deutschland soll beim Projekt Ostseepipeline und beim brutalen Agentenmord kuschen
Das hat es noch nicht einmal im Kalten Krieg gegeben: Deutschland ist seit gestern im Schwitzkasten beider Supermächte. Die USA wollen die Pipeline sabotieren, die uns mit russischem Gas versorgt. Und Russland wirft deutsche Diplomaten raus.
Billiges russisches Gas, um im Winter unsere Wohnzimmer zu heizen? Der US-Politik ist das ein Dorn im Auge. Am späten Mittwochabend holte sie daher zum großen Schlag aus: Das US-Repräsentantenhaus hat Sanktionen gegen Firmen im Zusammenhang mit der Ostseepipeline Nord Stream 2 auf den Weg gebracht. Erwartet wird, dass der Senat das Paket noch vor Beginn der Sitzungspause Ende nächster Woche verabschiedet. Das Weiße Haus hat bereits deutlich gemacht, dass US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket unterzeichnen wird. Auch Turkish Stream – eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll – wäre betroffen.
Die USA argumentieren, dass sich Deutschland und Europa mit der Pipeline in Abhängigkeit von Russland begeben würden. Experten sehen einen anderen Grund: Die USA wollten mit den Sanktionen den Verkauf ihres Flüssiggases nach Europa fördern. Dieses ist bisher nicht wettbewerbsfähig, weil es teurer als russisches Gas ist.
„Die EU-Energiepolitik wird in Europa entschieden, nicht in den USA“, beklagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). EU-Handelskommissar Phil Hogan sagte: „Wir wenden uns prinzipiell gegen die Verhängung von Sanktionen gegen EU-Unternehmen, die legitime Geschäfte betreiben.“
Nord Stream 2 kostet rund 10 Milliarden Euro. Die Leitung wird je zur Hälfte vom russischen Energieriesen Gazprom und den fünf europäischen Unternehmen OMV, Wintershall Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert. Mehr als 90 Prozent der Strecke sind bereits fertig. Die Hoffnung ist, dass die Pipeline schneller fertig wird, als die Sanktionen rechtlich in Kraft treten können. Dies könnte noch etwa zehn Wochen dauern. Dauern die Bauarbeiten dann aber noch an, können gegen Manager der beteiligten Firmen und deren Hauptaktionäre Einreiseverbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerru
fen werden. Vermögen der Betroffenen in den USA sollen blockiert werden.
Die Ukraine jubelte, schließlich verdient das Land Geld an der Durchleitung russischen Gases durch die jahrzehntealte Landpipeline. „Gute Nachrichten aus den USA“, schrieb Regierungschef Alexej Gontscharuk am Donnerstag bei Twitter.
Putin indes rächt sich für die deutsche Aufklärung im Berliner Tiergarten-Mord. Ein mutmaßlicher russischer Agent hatte dort einen Georgier ermordet. Berlin hatte daraufhin zwei russische Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen. Der Kreml warf nun gestern zwei Deutsche Diplomaten aus dem Land. Russlands Präsident hatte den Mord unlängst indirekt gerechtfertigt und den Toten einen „Banditen und Mörder“genannt. Der Georgier soll nach seinen Angaben für einen Anschlag im Kaukasus mit 98 Toten und für einen Terrorangriff auf die Moskauer Metro verantwortlich sein. Man habe Berlin um Auslieferung gebeten. Dies wurde dort dementiert. Gestern bezichtigte Moskau Berlin in dieser Frage der Lüge. „Es gab solche Anfragen“, beteuerte ein Kreml-Sprecher. Eine totale Konfrontation strebt Moskau indes nicht an. „Grundsätzlich ist die Zusammenarbeit mit Berlin sehr konstruktiv“, hieß es.