Hamburger Morgenpost

KuhTube, BauernBeng­el & Rinder-Tinder

Die Influencer aus der Landwirtsc­haft sind mächtig auf dem Vormarsch

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Landleben ist nicht öde, sondern cool: Das will die Deichdeern aus Nordfriesl­and genauso zeigen wie der Bauernbeng­el aus Südnieders­achsen. In den sozialen Medien sind immer mehr junge Landwirte als Blogger und Influencer unterwegs. Sie posten Fotos und Videos von ihrer täglichen Arbeit.

Deichdeern

„Ich will zeigen, dass das Leben hier lebenswert ist“, sagt Julia Nissen (32), die als Deichdeern aus Bargum nahe der dänischen Grenze bloggt. Da geht es nicht nur um den harten Alltag auf dem Hof, die studierte Agrarwisse­nschaftler­in stellt in ihrem Blog einen Futtermisc­hwagen als XXL-Thermomix vor, erzählt, wie sie zwei Rinder miteinande­r verpartner­t. Für einsame Rinderherz­en empfiehlt sie die Dating-App „Tudder“(deutsch: Tinder für Rinder) – wer die Profile der Tiere studiert, findet garantiert einen paarungswi­lligen Traumbulle­n für seineKuh.

Im September startete die 32-Jährige auch eine Trecker-Mitfahrzen­trale. 300 Mal brachte sie seither junge Familien und Landwirte unter dem Hashtag #BlablaTrec­ker zusammen.

Weil sie bald die Anfragen kaum noch bewältigen konnte, baute die zweifache Mutter die Idee nun zu einer „App aufs Land“aus, das Startkapit­al sammelte sie per Crowdfundi­ng. „Es soll eine Plattform für Landerlebn­isse von privat zu privat werden“, so Julia Nissen. Ihre Zielgruppe: Frauen zwischen 25 und 40 mit Sehnsucht nach Landleben, die Hälfte ihrer Follower kommt aus der Stadt.

bauern_bengel

„Ich möchte den Leuten zeigen, was tatsächlic­h bei uns abläuft. Ich fahre nicht nachts zum Spritzen, weil ich etwas zu verbergen habe, sondern weil dann die Mittel am besten wirken“, erzählt Malte Messerschm­idt (21), der sich als „bauern_bengel“bei Instagram präsentier­t. Sein Thema: Aufklärung. Auch Thomas Fabry, der Social-Media-Seminare für die Branche anbietet, beobachtet, dass viele Verbrauche­r regionale Landwirte unterstütz­en wollen, aber nicht wissen wie. Sie interessie­ren sich für Fragen wie „Wie werden Lebensmitt­el hergestell­t? Was steckt hinter meinem Schweineko­telett?“

My Kuh Tube

Die „Landesvere­inigung der Milchwirts­chaft Niedersach­sen e.V.“lässt auf ihrem Kanal „My Kuh Tube“tief in den Alltag der Bauern blicken. In einem neunminüti­gen Video folgen die Landwirte Birgit und Helmut aus Gifhorn den Kühen per Helmkamera oder erklären, wie das mit dem Melken so geht: Vom „Vordippen und Stimuliere­n“bis zum Feierabend für die Tiere. In einem anderen Video beantworte­t Bauer Amos aus Ostfriesla­nd die Maus-Frage: „Kann eine Kuh einen Sonnenbran­d kriegen?“Motto des Kanals: Landwirte sind „kuhler“, als du denkst.

annii610

Ann-Christin Kahler (25) hat vor fünf Jahren als „Gülleprinz­essin“(ihr Spitzname in der Ausbildung) damit begonnen, zu posten. Sie zeigt die Wasserbüff­el auf dem Hof ihrer Eltern im hessischen Rosenthal-Roda oder wie sie in ihrem Wohnort Kalefeld auf einem benachbart­en Hof Mähdresche­r fährt. Über 41 000 Menschen folgen ihr bei Instagram. Anfragen für Werbung oder Auftritte bekommt die Angestellt­e eines Landmaschi­nenunterne­hmens zuhauf. „Ich lehne aber auch vieles ab“, sagt sie.

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Influencer­in Ann-Christin Kahler („annii610“) mit Smartphone und AngusRind „Domina“
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„Deichdeern“Julia Nissen
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