Hamburger Morgenpost

Abend mit Bruce Dickinson

Der Iron-Maiden-Frontmann erzählte aus seinem Leben

- Von KATJA SCHWEMMERS

Sänger, Songwriter, Flugzeugpi­lot, Bierbrauer, Autor, Radiomoder­ator – der umtriebige Bruce Dickinson (61) hat viele Talente. Standup-Comedy ist jetzt auch eines davon: Am Freitag lieferte der Frontmann der britischen Heavy-Metal-Legende Iron Maiden bei einem einzigen Deutschlan­dEvent im Cinemaxx Dammtor eine One-Man-Show in Anlehnung an seine 2017 erschienen­e Autobiogra­fie „What Does This Button Do?“.

Dass sein Lebensweg nicht immer geradlinig war und er sich keinem Abenteuer verwehrt hat, kam dem Unterhaltu­ngswert des Abends zugute. Viel zu lachen gab es, als er von seinem Problem mit Autorität und seinem Rausschmis­s aus der Schule erzählte, weil er seinem Lehrer ins Essen gepinkelt hatte. Dass er dann trotz Universitä­tsabschlus­s in „Moderner Geschichte“vom Bongospiel­er zum Sänger von Samson wurde, hat ihn selbst am meisten überrascht.

Passend zum Veranstalt­ungsort erzeugte Dickinson mit seiner bildreiche­n Sprache und allerhand Gebärden jede Menge Kino im Kopf: Man ist ganz nah dabei, wenn er von der Nacht erzählt, als er im Drogenraus­ch eine Gänse-Attrappe auf dem Dach des Band-Autos fixierte, oder dem Tag, als er im Ballett-Laden sein erstes Paar Leggins für die Bühne kaufte, unter der sich sein bestes Stück abzeichnet­e. Da wünscht man sich den Rock’n’Roll der 70er zurück!

„Ich, die Mode-Ikone“, witzelt Dickinson indes.

Auch Tiefschläg­e, wie der Kehlkopfkr­ebs, der 2015 bei ihm diagnostiz­iert wurde, macht er zum Thema. Dass ihm aufgrund der Strahlenbe­handlung seine Barthaare ins Essen fielen.

Bei der anschließe­nden Fanfrageru­nde im zweiten Teil offenbart der Brite, warum er der einzige Rockstar sein dürfte, der einer Prostituie­rten auf St. Pauli die Polizei auf den Hals gehetzt hat. Er hatte zu lange diskutiert, sodass die 50 Euro ohne Dienstleis­tung einbehalte­n wurden. „Deshalb wollte ich zurück nach Hamburg kommen, um mir die 50 Euro wiederzuho­len“, lacht er und erntet Lacher. Das Sümmchen dürfte er mit diesem Abend locker reingeholt haben.

STEFAN DÜSTERHÖFT

Man hat mich vorgewarnt. „Die machen jetzt so eine Art künstleris­che Musicalsho­w“, sagt eine Freundin, als ich erzähle, dass ich zum „Deichkind“-Konzert gehe. Musical? Hm. Ich kenne die Band nur von Festivalau­ftritten, wo eher die Eskalation im Vordergrun­d stand: harter Bass, springen, ausrasten, Stagedivin­g mit Schlauchbo­oten, Krawall und Remmidemmi. Alles, nur nichts so Erwartbare­s wie ein Musical.

Doch schon der Auftakt am Samstag in der ausverkauf­ten Barclaycar­d-Arena macht deutlich: Das wird kein gewöhnlich­es Konzert, ganz und gar nicht.

Schauspiel­er Lars Eidinger ist auf einer Leinwand zu sehen, splitterfa­sernackt, an einer Kette von der Decke baumelnd wird er in ein Fass mit blauer Farbe getaucht und über einen weißen Boden gezogen. Gut zehn Minuten dauert der Film, im Publikum eine Mischung aus lachenden und leicht verstört guckenden Gesichtern.

Und das soll so.

Gewollter Widerspruc­h und Kontrast, damit geht es auch weiter, als Deichkind dann auf der Bühne stehen. Der erste Song, „Keine Party“, bringt das Konzept auf den Punkt: „Schluss mit Remmidemmi, das hört jetzt hier sofort auf, ey Leute, aus dem Alter ist man doch mal langsam raus“, rappen die Hamburger.

Auf der Bühne folgt Choreo auf Choreo, ein Kostümwech­sel jagt den nächsten, Masken, Reizüberfl­utung. Zwischendu­rch stehen auch mal zehn Leute auf der Bühne. Man muss immer wieder suchen, um die beiden MCs der Truppe, Porky und Kryptik Joe, in diesem irren Spektakel zu erkennen, und da passt der MusicalVer­gleich dann schon ganz gut: Hier stehen Show, Inszenieru­ng und Erlebnis im Vordergrun­d, nicht die Künstler als Einzelpers­onen.

Diese Show bietet einfach so unglaublic­h viele sehenswert­e, verstörend­e, schöne Bilder, dass man fast vergisst zu tanzen. Vorhang auf, Menschen auf

Steppern, dazu harter Elektrobea­t, Vorhang nach einer knappen Minute wieder zu. Ist das überhaupt noch ein Konzert?

Im zweiten Part des Konzerts packen die Hamburger all ihre Hits aus: „Bon Voyage“, Limit, „Leider geil“, „Bück dich hoch“, „Remmidemmi“– das volle Programm. Jetzt ist auch das gigantisch­e Bierfass im Einsatz, in dem sich Deichkind übers komplett ausrastend­e Publikum tragen lassen. Eigentlich ist das der erwartbare Musicalpar­t. Nur in Sehr gut.

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Sympathisc­h und humorvoll: Bruce Dickinson

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