Top-Leistungen nur gegen Top-Klubs?
St. Paulis Stärke in Duellen mit Spitzenteams hat eine Schattenseite
Nach der Klatsche in Darmstadt will der FC St. Pauli im Heimspiel gegen Heidenheim Wiedergutmachung betreiben und wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt sammeln. Dass ein Spitzenteam ans Millerntor kommt, spielt den Kiezkickern einerseits in die Karten und sorgt für Optimismus, offenbart andererseits einmal mehr ein Problem der Braun-Weißen, das sich wie ein roter Faden durch die Saison zieht: Die besten Spiele macht St. Pauli gegen die Topklubs – und ist auch deshalb selbst keiner.
Mangelnde Gewinner-Mentalität hatte Trainer Jos Luhukay nach der 0:4-Pleite am Böllenfalltor beklagt und war sichtlich verärgert über die Leistung seiner Mannschaft.
Abgehakt? Von wegen. Am Tag vor dem Duell mit Heidenheim wurde der Coach beim Thema Mentalität noch einmal grundsätzlich. Und das aus gutem Grund.
Mit dem Tabellenvierten von der Brenz kommt ein Spitzenklub ins Geisterstadion am Millerntor und die Bilanz der Kiezkicker gegen die Topteams – insbesondere zu Hause – ist in dieser Saison außergewöhnlich gut. Nicht nur die Resultate, auch die gezeigten Leistungen in diesen Duellen waren deutlich besser als in den meisten anderen Spielen. Und sichtlich leidenschaftlicher.
„Wir haben häufig gezeigt, dass wir gegen die TopMannschaften der Liga bestehen und gewinnen können“, sagt Luhukay vor der Partie mit dem noch voll im Aufstiegsrennen liegenden FCH.
Das freut den Trainer, macht ihn stolz. Einerseits. Andererseits wurmt es Luhukay, dass seine Mannschaft zu selten an der Leistungsgrenze agiert, wenn es nicht gerade gegen den HSV, Bielefeld oder Stuttgart geht.
„Es ist nicht gut, wenn man nur gegen die Topteams Topleistungen zeigen kann“, moniert der 56-Jährige. Denn so ist St. Paulis Stärke zugleich eine Schwäche. „Ich habe die Spieler damit konfrontiert“, berichtet Luhukay. „Uns haben ganz oft gegen andere Mannschaften die paar Prozent
gefehlt, um in die obere Tabellenhälfte vorzustoßen und uns dort zu festigen.“Dazu sei sein Team „allemal in der Lage“gewesen, habe aber mehrfach die Chance nicht genutzt. „Auch wenn man nicht gegen die Topmannschaften spielt, muss man den absoluten Willen haben“, fordert der Coach. Jeder Spieler müsse bei sich selbst anfangen, „die letzten Prozentpunkte aus sich herauszuholen“, in jedem Training. „Dafür ist es nicht zu spät.“
Es sind noch sieben Spiele bis Saisonende. 21 Punkte sind noch zu vergeben. Der Klassenerhalt ist noch längst nicht gesichert, ein Platz in den Top sechs ebenso noch möglich. Viel Spielraum.
Alles nur Einstellungssache? Luhukay schwört seine Mannschaft ein, im Endspurt regelmäßig die GewinnerMentalität zu zeigen. „Wenn wir das machen“, ist er überzeugt, „sind wir als Team unglaublich gut und stark – das haben wir in dieser Saison nicht einmal, nicht zweimal, sondern mehrfach gezeigt.“Und dennoch zu selten. Heute wäre mal wieder ein guter Tag.