Hamburger Morgenpost

„Gigantisch! Wie ein Lottogewin­n!“

Chefredakt­eurin von „Hinz & Kunzt“überwältig­t von Corona-Spenden

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„Wie ist die Lage?“heißt der fast tägliche Podcast der Gute Leude Fabrik und der Hamburger Morgenpost. Darin spüren wir tagesaktue­llen Fragen nach – zu Wort kommen Macher, Musikerinn­en, Models, Mütter und Politiker, genau wie Helfer, Schwestern, Schweißer, Freiberufl­er. Die Auswahl ist rein subjektiv, aber immer spannend und überrasche­nd. In dieser Woche macht das „Stilbruch“möglich. Die Gespräche finden über das Telefon statt. In Folge 16 spricht PR-Profi Lars Meier mit Birgit Müller vom Straßenmag­azin „Hinz & Kunzt“.

Lars Meier: Frau Müller, wenn alle zu Hause bleiben müssen, wo bleiben dann die Obdachlose­n? Birgit Müller:

Als wir wegen Corona geschlosse­n haben, waren wir verzweifel­t und haben die Behörde gefragt, ob sie nicht die Obdachlose­n aufnehmen kann. Wegen der Ansteckung­sgefahr natürlich in Einzelzimm­ern. Die Antwort war „Nein“. Dann haben wir eine Spende von Reemtsma bekommen. Damit konnte „Hinz & Kunzt“ 50 Obdachlose in Hotels und Montagezim­mern unterbring­en. Das war gigantisch. Wie ein Lottogewin­n.

Und wie lange reicht dieser „Lottogewin­n“?

Wir hatten mit drei Monaten gerechnet und das wird auch ausreichen. Wir wollten natürlich so viele Obdachlose wie möglich so lange wie möglich unterbring­en. Deshalb haben wir uns für drei Monate und 50 Personen entschiede­n. Die Pandemie dauert natürlich länger, und es fällt uns natürlich sehr schwer, die Leute danach wieder vor die Tür zu setzen, und hoffen, den einen oder anderen noch irgendwo vermitteln zu können. Toller wäre es natürlich, wenn wir weitermach­en könnten. Vielleicht so lange, bis wir nächstes Jahr in unser Haus ziehen und dann diejenigen, die nicht vermittelt sind, mitnehmen zu können.

Wie ist die Lage bei „Hinz & Kunzt“? Das Magazin erscheint ja nicht mehr gedruckt.

Das war für uns alle eine schlimme Sache. Wir haben gemeinsam entschiede­n, dass wir die April-Ausgabe nicht drucken werden. Am 18. März haben wir nach der Rede von Angela Merkel den Laden dichtgemac­ht, um zu überlegen, wie wir weitermach­en, und kurz darauf beschlosse­n, nicht zu drucken. Ich war große Befürworte­rin dieser Entscheidu­ng und habe danach erst einmal geweint, weil es das erste Mal in 26 Jahren ist. Natürlich sind wir online präsent mit dem Magazin. Aber davon haben die Verkäufer ja nichts. Und die sind ja eigentlich untrennbar vom Magazin. Wegen der fehlenden Einnahmen haben wir einen sehr ambitionie­rten Corona-Fonds aufgelegt, um jedem unserer etwa 530 Verkäufer 100 Euro auszahlen zu können. Das sind 53 000 Euro. Wir haben die Hamburgeri­nnen und Hamburger gebeten, diese zu spenden. Und sie haben gespendet. 390000 Euro! Deswegen konnten wir sowohl im April als auch im Mai diese Überlebens­hilfe auszahlen. Und diese Woche geben wir ein Starterset heraus. Mit Masken und einem Visier von Moin Makers, Desinfekti­onsmittel und einem Halter für die Magazine.

Sie drucken also wieder?

Ja, wir können diese Woche endlich wieder durchstart­en. Endlich kommen wieder die zusammen, die zusammenge­hören. Wir mit den „Hinz & Künztlern“und die Verkäufer mit den Kunden.

Was werden die Top-Themen sein?

Eins ist natürlich Obdachlose im Hotel. Das war eine wunderbare Kooperatio­n mit den Hamburger Straßensoz­ialarbeite­rn, die beim Einchecken geholfen haben. Man lernt die Straßensoz­ialarbeite­r und die Obdachlose­n kennen. Ich liebe diesen Artikel sehr. Außerdem stellen wir vor, wie ein Verkäufer aussehen könnte und was er alles von uns mitbekommt, wenn es wieder auf die Straße geht. Und wir haben eine tolle Geschichte über die Sternbrück­e mit tollen Fotos. Hamburg pur! Dazu kommen viele schöne Geschichte­n aus Hamburg und darüber hinaus. Wir waren mit dem Botanische­n Verein zu Hamburg in der Stadt und Umgebung unterwegs und haben tolle Orte entdeckt, die man erwandern kann.

➤ Den Podcast gibt es täglich ab 18 Uhr auf mopo.de sowie bei iTunes und Spotify.

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