Polizeigewalt tötet Schwarzen
Wie rassistisch ist Amerikas Polizei? Neuer Fall löst Proteste aus
Ich kann nicht atmen ... Töten Sie mich nicht. Der 40-jährige George Floyd, kurz bevor er starb
MINNEAPOLIS - Wieder erschüttert ein Fall von Polizeigewalt gegen Schwarze die USA. Ein Polizist drückt dem Verdächtigen George Floyd in Minneapolis minutenlang sein Knie gegen den Hals – bis der Mann bewusstlos wird und stirbt. Es kommt zu Protesten.
George Floyd hatte Todesangst. Ein weißer Polizist hatte ihn am Montag in Minneapolis bei Ermittlungen in einem Betrugsfall gestellt. Und ihn „festgehalten“, indem er ihm mutmaßlich acht Minuten lang sein Knie gegen den Hals drückte. Bevor er das Bewusstsein verlor, flehte Floyd um Hilfe. Es kam keine. Floyd starb im Krankenhaus. Vom Vorgang existiert ein Video eines Passanten, in dem Floyd ruft: „Ich kann nicht atmen“und „Töten Sie mich nicht“. Der Polizei zufolge habe der Mann Widerstand gegen die Beamten geleistet.
Was auf Floyds Tod folgte, war das in Amerika Übliche. Der weiße Bürgermeister von Minneapolis, Jacob Frey, äußerte sich empört über die Polizeigewalt – speziell gegen Schwarze. Die Polizei der Stadt kündigte nicht nur interne Maßnahmen, sondern auch eine Untersuchung durch die Bundespolizei FBI ein. Immerhin: Die vier in den Fall Floyd verwickelten Beamten wurden entlassen.
Nicht genug für die schwarze Community von Minneapolis. Am Dienstagabend gingen Tausende Demonstranten, Schwarze und weiße Sympathisanten, auf die Straße. Auf Schildern standen Slogans gegen Polizeigewalt wie „Stop Killin‘ Black People“(Hört auf, schwarze Leute zu töten) oder „I am not a Threat“(Ich bin keine Bedrohung).
Es wurde „Gerechtigkeit für George Floyd“gefordert und „Prosecute the Police“(Klagt die Polizei an) gesungen. Ein örtlicher Motorradclub von Schwarzen flankierte die Demonstrierenden auf ihren Maschinen und ließ die Motoren immer wieder aufbrüllen. „Wir wollten etwas Lärm für die Menge machen“, sagte einer der Biker laut „The Guardian“. „Das ist meine Stimme.“
Vor einem Polizeirevier harrte stundenlang nur noch eine kleine, sichtlich
zornige Gruppe aus. Wasser und Milchflaschen wurden in Richtung der das Gebäude bewachenden Polizisten geworfen, Rufe wie „Schweine!“und „Wie konntet ihr nur“wurden laut, Fenster eingeworfen, Graffiti gesprüht. Bereitschaftspolizisten setzten daraufhin Tränengas und Schrotgeschosse gegen die Menge ein, berichteten örtliche Medien.
George Floyds Tod erinnert an den New Yorker Eric Garner, der 2014 im polizeilichen Würgegriff erstickte. Der Cop wurde strafrechtlich nie belangt und erst 2019 gefeuert. Seit Jahren leiden Afroamerikaner unter Polizeigewalt, seit Jahren schockieren die Bilder – und seit Jahren scheint sich kaum etwas zu ändern. Anfang Mai wurden Aufnahmen einer tödlichen Hetzjagd Weißer auf den schwarzen Jogger Ahmaud Arbery in Georgia bekannt, die drei Männer wurden erst danach verhaftet. Und am Montag attackierte eine Weiße im New Yorker Central Park einen arglosen Schwarzen, der Vögel beobachtete, indem sie schrie und ihm mit der Polizei drohte. Das Opfer filmte die völlig irre Reaktion der Frau – das Video ihrer Tirade verbreitete sich viral.