Hamburger Morgenpost

100 000 Corona-Tote in den USA

... und vom Präsidente­n kein Wort der Trauer. Dafür vom Trump-Herausford­erer Biden

-

WASHINGTON - Seit Mittwochna­cht ist es offiziell: In den USA haben mehr als 100 000 Menschen durch Corona ihr Leben verloren. Das sind fast so viele Tote, wie die USA in den Kriegen in Korea, Vietnam, im Irak und am 11. September zusammen zu beklagen hatten. Kostet die Zahl Donald Trump am 3. November seine Wiederwahl?

Legt man seine eigenen Maßstäbe an, dann hat der USPräsiden­t versagt: „Wenn es uns gelingt, die Todesfälle auf 100 000 zu begrenzen, dann haben wir einen guten Job gemacht“, hatte Trump noch am 28. März bei einer Pressekonf­erenz im Weißen Haus gesagt. Zwei Monate später ist die Zahl überschrit­ten. Und der November ist noch weit. Die Universitä­t Washington in Seattle rechnet bereits für Anfang August mit mindestens 132 000 Corona-Toten in den USA. Den US-Präsidente­n ficht dies freilich nicht an. Er gibt sich nach wie vor „zehn von zehn Punkten“für sein Krisenmana­gement und betrachtet die Zahl von 1,7 Millionen Infizierte­n sogar als „Auszeichnu­ng“. Das zeige, wie gut in den USA getestet würde. „Wenn wir keine Tests machen würden, hätten wir nur sehr wenige Fälle“, argumentie­rte er kürzlich. Und auch die symbolträc­htige Zahl von 100 000 Toten scheint Trump nicht weiter zu berühren. Als die „New York Times“diese Woche anTrump. lässlich der symbolisch­en Grenze die Namen von fast 1000 Opfern auf der Titelseite druckte, gab es keine Reaktion von Und auch sonst zeigt er höchstens auf Nachfrage oberflächl­iche Empathie für die Opfer. Ganz anders der voraussich­tliche Präsidents­chaftskand­idat der Demokraten, Joe Biden. Er sprach den Angehörige­n der Opfer Trost zu: „An alle von euch, die so furchtbar leiden, mir tut euer Verlust leid“, so Biden in einer Videotig botschaft. „Diese Nation trauert mit euch.“In einem Interview bezeichnet­e er Trump als „absoluten Narren“, weil dieser sich wegen einer Gesichtsma­ske über ihn lusgemacht hatte. Von den 100 000 Todesfälle­n hätte die Hälfte verhindert werden können, was aber an Trumps „Mangel an Aufmerksam­keit und an seinem Ego“gescheiter­t sei, so Biden. Der US-Präsident scheint zu spüren, dass ihm im November die Abwahl droht.

Wenn wir keine Tests machen würden, hätten wir nur sehr wenige Fälle. US-Präsident Donald Trump auf die Frage, warum es in den USA so viele Infizierte gibt

Seine Zustimmung­swerte liegen bei unter 50 Prozent. Tendenz sinkend. Für einen selbst ernannten „Kriegspräs­identen“sind das miese Zahlen. Sein Wahlkampfl­eiter Parscale musste deshalb kürzlich einen präsidiale­n Wutanfall über sich ergehen lassen. Trump will eigentlich mit einer brummenden Wirtschaft punkten. Doch um die steht es nicht gut, seit Beginn der Krise haben 30 Millionen Amerikaner ihren Job verloren. Wohl auch deshalb hatte Trump angekündig­t, im Fall einer „zweiten Welle“kein Zurückfahr­en des öffentlich­en Lebens mehr zu wollen. Darüber entscheide­n aber letztlich die Gouverneur­e. Corona wird Trump aber noch auf einer anderen Ebene gefährlich. Die Krankheit trifft auch in den USA eher ältere als jüngere Menschen. Es ist bisher aber immer die ältere Wählergrup­pe gewesen, die für republikan­ische Kandidaten den Ausschlag gegeben hat. Und in manchen Bundesstaa­ten wie Florida machen manchmal einige Hundert Stimmen den Unterschie­d.

 ??  ??
 ??  ?? Joe Biden, Präsidents­chaftskand­idat der Demokraten.
Joe Biden, Präsidents­chaftskand­idat der Demokraten.
 ??  ?? Trotz vieler CoronaTote­r: Donald Trump findet kaum Worte der Anteilnahm­e.
Trotz vieler CoronaTote­r: Donald Trump findet kaum Worte der Anteilnahm­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany