Wie lange geht es ohne Berührungen?
Isolation tut uns nicht gut. So können wir uns trotzdem Zuneigung zeigen
HANNOVER - Die Corona-Pandemie ist ein Stresstest für Wirtschaft und Gesellschaft. Jeder ist betroffen. Einige Auswirkungen lassen sich schnell erkennen und bekämpfen, andere sind schwieriger – wie die persönliche Ebene. Wie lange können wir auf Berührungen und Nähe verzichten?
Jemanden zu berühren – das ist Teil der menschlichen Kommunikation von Gefühlen. „Es gibt emotionspsychologische Experimente, die gezeigt haben, dass Menschen Gefühle wie Liebe, Dankbarkeit, Sympathie, Ärger, Angst, Ekel erkennen können, nur anhand der Berührung durch eine andere Person“, sagt der Entwicklungspsychologe Simon Forstmeier von der Universität Siegen. Das Bedürfnis nach tröstenden oder zärtlichen Berührungen bleibe bis ins hohe Alter bestehen. Und es gebe sogar Forschung, die zeige, dass Berührungen mit dem Altern immer wichtiger werden.
Was ist die Lösung? Man kann alle Vorsichtsmaßnahmen ignorieren und sich dennoch berühren. Dabei komme es auf das individuelle Risikoprofil älterer Menschen an, erklärt Forstmeier. „Aber ich sehe noch eine zweite Lösung: Wenn Berührung als Sprache der Zuneigung wegfällt, sollten wir ganz bewusst andere Sprachen der Zuneigung anwenden. Denn die gibt es ja.“Der amerikanische Paarberater Gary Chapman habe den Begriff der „fünf Sprachen der Liebe“geprägt – neben Berührungen seien dies ehrliche Anerkennung und Äußerungen von Dankbarkeit, das Schenken von Zeit, kleine Geschenke und Hilfsbereitschaft. Nur müsse man wissen, für welche Sprache die Menschen empfänglich seien.