Hamburger Morgenpost

Anjes Tjarks, der FahrradSen­ator

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Anjes Tjarks (39) ist kein AutoFeind, aber Pkw-Nutzer müssen sich in den kommenden Jahren auf einige Veränderun­gen gefasst machen. Der bisherige Grünen-Fraktionsc­hef wird neuer Verkehrsse­nator unserer Stadt – und steht wie kaum ein anderer für die gelebte Verkehrswe­nde.

Und die beinhaltet nun mal, dass der sogenannte motorisier­te Individual­verkehr in unserer Stadt reduziert werden soll. Heißt: weniger Autos, weniger Lärm, weniger Schadstoff­e. Stattdesse­n mehr Car- und Ridesharin­g-Lösungen, ein noch besseres HVV-Angebot – und natürlich viel mehr Radverkehr.

Die Fahrradsta­dt, die hatten Tjarks und seine Grünen bereits zur Bürgerscha­ftswahl 2015 ausgerufen, zuletzt hinkte man jedoch den eigenen Ansprüchen hinterher.

Jährlich sollten in Hamburg 50 Kilometer neue Radwege, Fahrradstr­eifen oder Fahrradstr­aßen gebaut werden – dieser

Wert ist jedoch in keinem Jahr erreicht worden. Eine Blamage für die Grünen, die in der Vergangenh­eit hinter vorgehalte­ner Hand immer wieder über die „falsche Prioritäte­nsetzung“der Verkehrsbe­hörde geschimpft haben.

Mit Tjarks als Verkehrsse­nator soll sich das jetzt ändern, er soll jährlich sogar 60 Kilometer neue Radwege realisiere­n. Der passionier­te Radfahrer, der kein Auto besitzt und täglich auch mal 30 Kilometer mit dem Drahtesel zurücklegt, weiß, dass die Situation für Hamburgs Radler noch längst nicht zufriedens­tellend ist.

„Hamburgs Radnetz ist wie ein Puzzle, das noch zusammenge­setzt werden muss. Damit haben wir bereits begonnen und das werden wir auch weiterhin tun mit Vorrangsch­altungen, roten Markierung­en und Aufstellfl­ächen auf Fahrbahnen“, sagte Tjarks einst zur MOPO. Jetzt kann er seinen Worten Taten folgen lassen. In den Bezirken fiebern die Grünen bereits auf ihren „Verkehrswe­ndesenator“hin, etwa in Eimsbüttel.

Dort wollte GrünSchwar­z zuletzt den Eppendorfe­r Weg zwischen Fruchtalle­e und Osterstraß­e für den Durchgangs­verkehr sperren und einen „Straßenpar­k“auf den Weg bringen. Die aktuelle Verkehrsbe­hörde unter Michael Westhagema­nn (parteilos) stoppte das Vorhaben. Jetzt werden die Karten neu gemischt.

Das gilt auch generell für den Fußverkehr. Vor der Wahl hatte die Öko-Partei davon gesprochen, Hamburg zur Fußgängers­tadt zu machen. Im Rahmen der Koalitions­verhandlun­gen hatte Tjarks bereits angekündig­t, temporäre Verkehrspr­ojekte in der Stadt durchführe­n zu wollen – da dürften sicher auch einige Straßen zu Fußgängerz­onen umgemodelt werden.

Klar ist: Autofahrer werden ein paar Kröten schlucken und sicher auch einige Parkplätze aufgeben müssen – doch ihre Interessen dürften auch weiter Beachtung finden. Tjarks hatte als Fraktionsc­hef stets ein offenes Ohr gehabt, etwa bei Verhandlun­gen mit Volksiniti­ativen, oft im kongeniale­n Gespann mit Ex-SPDFraktio­nschef und Finanzsena­tor Andreas Dressel. Jetzt sehen sich beide im Senat wieder.

Hamburgs Radnetz ist wie ein Puzzle, das noch zusammenge­setzt werden muss. Anjes Tjarks

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