Hamburger Morgenpost

„Es gibt Schicksale, für die es sich lohnt“

ST. PAULI CaFée mit Herz hat ein neues Wohnungspr­ojekt für Obdachlose

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Unter dem Motto „Housing First“will das CaFée mit Herz Menschen den Weg aus der Obdachlosi­gkeit erleichter­n und ihnen den ersten Schritt in ein selbststän­diges Leben ermögliche­n. Dazu hat die gemeinnütz­ige Anlaufstel­le drei Wohnungen gemietet.

„Housing First“ist keine neue Erfindung des CaFée mit Herz auf St. Pauli – in Finnland gibt es das schon seit längerer Zeit. „Dort hat man die Erfahrung gemacht, dass sich die Lebensverh­ältnisse der Menschen dauerhaft ändern, wenn man ihnen Starthilfe gibt – und dass sie so auch langfristi­g aus der Obdachlosi­gkeit herauskomm­en können“, sagt Jan Marquardt, Geschäftsf­ührer des CaFée mit Herz.

Deshalb hat das CaFée mit Herz jetzt drei Wohnungen in Hamburg gemietet. Sie sollen für zwölf bis 18 Monate eine sichere Unterkunft für die Gäste sein.

In dieser Zeit steht den Menschen bei Bedarf ein Sozialarbe­iter zur Verfügung, der eine enge Betreuung anbietet. „Er ist Ansprechpa­rtner

bei schwierige­n Situatione­n, hilft bei Behördengä­ngen oder der Jobsuche und steht einfach immer zur Seite“, so Marquardt weiter. Der Sozialarbe­iter soll die Bewohner animieren, sich um ihre Zukunft zu kümmern und sie aktiv mitzugesta­lten, sagt der Geschäftsf­ührer. „Wenn jemand sehr großen Unwillen zeigt, dann behalten wir uns auch vor, das Projekt zu beenden.“

Jan Marquardt ist seit September 2019 beim CaFée mit Herz, und schon gleich zu Beginn hatte er die Idee für dieses Projekt. „Das braucht nur eben ein bisschen Vorlaufzei­t“, sagt er. Und jetzt wird es umgesetzt. Ab 1. August oder 1. September sollen die ersten drei Gäste in die Wohnungen einziehen können.

Sie kommen aus dem Kreis der bereits vom CaFée mit Herz betreuten Menschen. „Da können wir gezielt Leute heraussuch­en, bei denen wir wissen, dass der Wille und das Potenzial da sind, das zu machen“, erklärt Marquardt. Denn es gebe schließlic­h auch Menschen, die auf der Straße leben wollten. „Wir zwingen niemanden“, sagt er.

Der gemeinnütz­ige Verein lebt von Spenden. Für die ersten zwölf Monate ist die Unterbring­ung in den drei Wohnungen auch schon abgedeckt. Marquardt hofft noch auf finanziell­e Unterstütz­ung und Spenden, um das Projekt fortführen zu können. „Wir haben eventuell die Möglichkei­ten, das auf sechs Wohnungen zu erweitern“, sagt er, „je nachdem, wie es anläuft.“

Die soziale Anlaufstel­le auf St. Pauli sollte mehr bieten können, fand der 58-Jährige. Bisher konnten Obdachlose dort frühstücke­n, eine warme Mahlzeit zu sich nehmen, Bücher lesen, duschen und sich ärztlich versorgen lassen. „Mir war das aber zu wenig“, erklärt Jan

Marquardt, denn: „Es gibt Leute, die kommen jeden Tag und gehen dann wieder – wie in einer Endlosschl­eife. Da sind Schicksale darunter, für die es sich lohnt, dieses Projekt mit viel Herz anzugehen.“

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Die Mitarbeite­r Jan Marquardt (58), Rolf Jürgen Raykowski (58), Hilke Böttcher (21), Rainer Klocksien (69), Michael Rulfs (44) und Andreas Wolf (57) v.l. sind das Rückgrat vom CaFée mit Herz.
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