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Fahrradbranche profitiert von den rückläufigen Fahrgastzahlen im Nahverkehr
Quartier am Baakenhafen:
Von ANNALENA BARNICKEL
Die Fahrradbranche ist einer der Gewinner der Corona-Krise – innerhalb von ein paar Wochen kam es auch in Hamburg zu einem Boom. Plötzlich wollen sich alle auf den Sattel schwingen.
„In der Corona-Zeit rückt der Gesundheitsaspekt stark in den Vordergrund“, erklärt Dirk Lau, Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Hamburg. „Das Radfahren hat einen positiven Effekt: Die Lungenmuskulatur
wird trainiert und das Atmungsorgan wird gut belüftet und besser durchblutet.“Dazu komme die geringere Verbreitungsgefahr des Virus an der frischen Luft. „Die Chance, sich beim Radeln etwas einzufangen, liegt quasi bei null. Und immer mehr Menschen merken, dass Radfahren nicht nur gesund ist, sondern auch Spaß macht.“
Thomas Krautscheid vom Marktforschungsinstitut „Quotas“betrachtet die Lage ähnlich. „Seit der Pandemie hat der öffentliche Nahverkehr stark rückläufige Fahrgastzahlen“, sagt er. Er beschäftigt sich vor allem mit betrieblicher Mobilität, also der Mobilität von, zur und auf der Arbeit. „Es gibt da drei Ebenen“, erklärt Krautscheid, „die Pendler, die Dienstreisen und die Dienstgänge. Und alle haben durch Corona neue Ebenen bekommen.“So sei es zum Beispiel für Pendler in vielen Berufen nicht mehr nötig, jeden Tag auf der Arbeit präsent zu sein. „Dadurch kann sich die Verkehrssituation entspannen.“Außerdem seien auch Videokonferenzen statt Dienstreisen möglich. „Man hat festgestellt, dass das in bestimmten Kontexten gut funktioniert.“
Und was passiert mit Städten, wenn sich immer mehr Menschen vom Auto verabschieden? Kann Hamburg eine Fahrradstadt werden? Der ADFC ist davon überzeugt: „Die Hamburger Verkehrspolitiker müssen einfach ein wenig Mut zeigen – wie ihre Kollegen weltweit – und die Krise als Chance begreifen, die Stadt jetzt fit für die Zukunft und das Klima zu machen“, fordert Dirk Lau.
Die Verkehrsbehörde verweist auf den neu geschlossenen Koalitionsvertrag des Senats: „Dort sind wesentliche Ziele für eine Mobilitätswende festgelegt.“
Die Architektin Hille Bekic spricht auf der Velo gemeinsam mit Stadtplanerin Melissa Gomez über diese Pläne in den Städten. Sie sieht das Problem allerdings viel tiefer. „In der Nachkriegszeit wurden autogerechte Städte gebaut“, sagt sie. „Wir haben ganz viel Asphalt, der Mensch muss mehr in den Fokus genommen werden bei der Stadtplanung der Zukunft.“