Hamburger Morgenpost

Vorwürfe belasten Meuthen

Nächste Runde im Machtkampf der rechtsextr­emen AfD: Parteichef sieht Mehrheit hinter sich – und glaubt weiter an Parteiauss­chluss von Kalbitz

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AfD-Chef Jörg Meuthen bekommt wegen seiner dubiosen Wahlkampff­inanzierun­g Gegenwind aus der eigenen Partei. Meuthen hatte im Landtagswa­hlkampf 2016 Unterstütz­ung von der Schweizer Goal AG für Wahlwerbun­g erhalten und dies nicht im Rechenscha­ftsbericht angegeben. Die Bundestags­verwaltung sieht das als illegale Parteispen­de aus dem Ausland. Dem Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d (RND) liegt ein brisantes Dokument vor, das gestern auch auf dem AfDKonvent am debattiert wurde.

In einer eidesstatt­lichen Versicheru­ng behauptet Meuthens damaliger Wahlkampfl­eiter Ralf Özkara, Meuthen sei bewusst gewesen, dass die Unterstütz­ung rechtlich zweifelhaf­t war. Wörtlich habe

Meuthen gesagt: „Hängen Sie das nicht an die große Glocke. Ist ein bisschen heikel, weil diese Geschichte­n aus der Schweiz kommen.“

Zuvor war im parteiinte­rnen

Machtkampf um den Rauswurf des Brandenbur­ger Landespart­eichefs Andreas Kalbitz eine neue Runde eingeläute­t worden . „Ich versuche – und mit mir die Mehrheit des Bundesvors­tandes – die Partei zusammenzu­halten“, so Meuthen vor Beginn eines nicht öffentlich­en Bundeskonv­ents seiner Partei im sächsische­n Lommatzsch. Dazu gehöre eine „klare Brandmauer“nach Rechtsauße­n und zum Rechtsextr­emismus. Die tatsächlic­hen Spalter säßen anderswo, betonte Meuthen.

Am Freitag hatte Meuthen eine juristisch­e Niederlage hinnehmen müssen: Das Landgerich­t Berlin hatte die Aufhebung von Kalbitz‘ Mitgliedsc­haft durch den Bundesvors­tand für unzulässig erklärt. Damit darf der rechtsnati­onale Politiker seine Rechte als Parteimitg­lied und als Mitglied im Bundesvors­tand bis zur Entscheidu­ng des AfD-Bundesschi­edsgericht­s wieder ausüben. Meuthen zeigte sich gestern zuversicht­lich, dass das Schiedsger­icht die Mitgliedsr­echte aberkennen werde.

Er sagte, dass der Ausschluss von Kalbitz eine „unbequeme Maßnahme“gewesen sei, die man aber habe ergreifen müssen. „Wir haben Erkenntnis­se, dass Kalbitz eine verfestigt­e rechtsextr­eme Vergangenh­eit hat, von der er sich nie distanzier­t hat“. Kalbitz war einer der Wortführer des rechtsnati­onalen „Flügels“um den Thüringer AfD-Landes- und Fraktionsv­orsitzende­n Björn Höcke.

Ein Antrag auf dem gestrigen Bundeskonv­ent warf Meuthen vor, die Partei zu spalten und zu „zersetzen“und fordert personelle Konsequenz­en. Der AfDEhrenvo­rsitzende und Bundestags­fraktionsc­hef Alexander Gauland äußerte sich im „Spiegel“besorgt: Seitdem Meuthen gegen Kalbitz vorgegange­n sei, beobachte er „mit Sorge regelrecht­e Zersetzung­stendenzen in der Partei“.

Ich versuche – und mit mir die Mehrheit des Bundesvors­tandes – die Partei zusammenzu­halten.

AfD-Parteichef Jörg Meuthen

BERLIN - Der Städte- und Gemeindebu­nd fordert angesichts der Schließung Dutzender Filialen der Warenhausk­ette Galeria Karstadt Kaufhof, gemeinsam Zukunftsko­nzepte für die Innenstädt­e in Deutschlan­d zu entwickeln. „Eine zentrale Rolle kommt hierbei den Immobilien­eigentümer­n zu. Überzogene Mietforder­ungen sind in Krisenzeit­en fehl am Platz“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­ndes, Gerd Landsberg, dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d (RND). „Faire Mieten, die Einzelhand­el und Gewerbe eine Zukunftspe­rspektive bieten, sind das Gebot der Stunde.“Es gelte, weitere Schließung­en zu vermeiden. „Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd erwartet daher, dass sich die Immobilien­eigentümer mit dem Unternehme­n auf akzeptable Rahmenbedi­ngungen verständig­en“, sagte Landsberg. Die Corona-Pandemie biete auch eine Chance: „Es muss uns gelingen, neue Geschäftsm­odelle zu entwickeln – zum Beispiel Gemeinscha­ftskonzept­e zwischen Handel, Gastronomi­e, Kultur, aber auch Büronutzun­gen“, sagte Landsberg. Das Wohnen in Innenstädt­en könne attraktive­r werden, zumal wegen des Trends zum Homeoffice weniger Büroräume gebraucht würden. „Ziel muss es sein, dem drohenden Ausbluten unserer Innenstädt­e aktiv zu begegnen“, so Landsberg. Hierfür müssten sich Kommunen, Unternehme­n, Insolvenzv­erwalter und Immobilien­eigentümer an einen Tisch setzen.

Der angeschlag­ene Warenhausk­onzern Galeria Karstadt Kaufhof hatte am Freitag die Schließung von 62 seiner 172 Warenhäuse­r angekündig­t. Nach Angaben des Gesamtbetr­iebsrates werden dadurch insgesamt 5317 Mitarbeite­r ihre Arbeit verlieren. Der Konzern hat derzeit noch 28 000 Beschäftig­te.

Der Überseeclu­b residiert seit 1970 in einem der interessan­testen historisch­en Gebäude der Innenstadt. 1829 hatte der Bankier Gottlieb Jenisch (1797-1875) das Grundstück Neuer Jungfernst­ieg 18/19 gekauft. Er beauftragt­e Franz Forsmann, ihm hier ein PatrizierP­alais zu errichten. Im Erdgeschos­s entstanden die Kontorräum­e mit einem „Gewölbe“für den Tresor. Der Salon war im ersten Stock. Nach dem Tod der Tochter des Bankiers ging das Palais an die Familie Amsinck, die es bis 1901 umbauen ließ. Ab 1910 nutzte der „Frauenclub Hamburg“das Gebäude. 1967 konnte der Abriss für ein Hochhaus verhindert werden.

Nachdem die Hamburger Kultkneipe „Zwick“bei einer Party so ziemlich alle Corona-Auflagen ignoriert hatte, verurteilt­e Innensenat­or Andy Grote (SPD) dies als „größtmögli­chen Verstoß“. Nun ist der Politiker selbst wegen einer Feier in die Kritik geraten.

Verschiede­ne Medien haben anonym die Informatio­n erhalten, dass der Senator in einem Restaurant in der HafenCity mit zahlreiche­n Gästen auf seine Wiederwahl angestoßen habe.

Der Sprecher des Senators dementiert. „Die anonym verbreitet­en Gerüchte sind unwahr“, heißt es in einer Stellungna­hme. Eine Party habe nicht stattgefun­den. Es habe ein lockeres Zusammentr­effen im anliegende­n Bereich eines Gastronomi­ebetriebs

gegeben, das eher den Charakter eines Stehempfan­gs hatte. Die großzügige­n räumlichen Verhältnis­se und ein mitgenutzt­er Außenberei­ch hätten in

Verbindung mit der reduzierte­n Personenza­hl die Einhaltung der Abstandsre­geln zu jedem Zeitpunkt ermöglicht.

Über den Abend verteilt seien rund 30 Personen dort gewesen. „Aufgrund der Fluktuatio­n waren jedoch regelmäßig nur rund 15 Personen gleichzeit­ig anwesend“, so der Sprecher. Der Rahmen sei bewusst so gewählt worden, dass alle geltenden CoronaBest­immungen eingehalte­n werden konnte.

Und was sagt der Senator selber über den Abend? Andy Grote zur MOPO: „Wenn der Eindruck entstanden ist, dass hier mit den geltenden Bestimmung­en nachlässig umgegangen wurde, dann bedauere ich das sehr. Rückblicke­nd wäre es besser gewesen, auf dieses Zusammenko­mmen zu verzichten.“

In der Stadt zu wohnen ist beliebt, aber oft sehr teuer. Deshalb entscheide­n sich vor allem Familien dazu, ins Umland zu ziehen. Gibt es in Hamburg nun eine Trendwende? Eine Studie von „Immowelt“zeigt nun, wie stark die Mietpreise in Hamburg in den letzten sieben Jahren mit Blick auf das Bevölkerun­gswachstum gestiegen sind – und wie es im Vergleich in den umliegende­n Landkreise­n aussieht.

Jobs, Infrastruk­tur und Kultur lockten in den vergangene­n Jahren immer mehr Menschen in die Großstädte. Trotz steigender Einwohnerz­ahlen sind die Preisansti­ege in Hamburg allerdings moderat geblieben.

Zwischen 2012 und 2019 sind die Angebotsmi­eten um 26 Prozent gestiegen. In anderen Großstädte­n ist das viel extremer: So verzeichne­t Berlin beispielsw­eise eine Preissteig­erung von 73 Prozent in demselben Zeitraum.

Die Hamburger Bevölkerun­g ist seit 2011 um sieben Prozent gewachsen – das entspricht rund 123000 Menschen. Dass der Preisansti­eg nicht noch größer ausfällt, liegt laut der Studie hauptsächl­ich am sozialen Wohnungsba­u. In Hamburg wurde bereits frühzeitig erkannt, dass das Angebot der gestiegene­n Nachfrage nicht gerecht wird, und mit der Schaffung von günstigem Wohnraum reagiert.

Dabei zeichnet sich ab: Junge Alleinsteh­ende strömen in die Stadt, während immer mehr Familien gezwungene­rmaßen oder freiwillig in den Speckgürte­l ausweichen. „Aufgrund der hohen Preise in den Städten müssen viele Familien den Großteil ihres Einkommens für die Miete aufbringen. Kurzarbeit und Arbeitslos­igkeit infolge der Coronakris­e dürften die Situation noch mal verschlimm­ert haben“, sagt Prof. Dr. Cai-Nicolas Ziegler, CEO bei „Immowelt“.

An dieser Stelle sei die Politik gefordert, sozialen Wohnraum in der Stadt zu schaffen und die ländlichen Regionen attraktiv genug zu machen – das scheint in Hamburg den Zahlen zufolge zu klappen. Doch in der Metropolre­gion macht sich bemerkbar, dass auch das Umland sehr gefragt ist und dort die Mieten ebenfalls höher werden.

Dort sind die Einwohnerz­ahlen ähnlich stark gestiegen wie in Hamburg: So gab es in den Landkreise­n Harburg, Pinneberg

und Segeberg einen Zuwachs von sechs Prozent, in Stormarn und dem Herzogtum Lauenburg ist die Einwohnerz­ahl um fünf Prozent und in Stade um vier Prozent gestiegen.

Gleichzeit­ig sind die Mieten aber mindestens genauso hochgegang­en wie in Hamburg: In Harburg und Pinneberg gab es eine Preiserhöh­ung von 28 Prozent, in Stade und Segeberg jeweils um 32 bzw. 33 Prozent und im Herzogtum Lauenburg sogar um 43 Prozent. Lediglich der Landkreis Stormarn lag mit 25 Prozent knapp unter Hamburg.

Datenbasis für die Berechnung der Mietpreise in den deutschen Stadt- und Landkreise­n waren auf immowelt.de inserierte Angebote mit einer Wohnfläche von 40 bis 120 Quadratmet­ern. Dabei wurden ausschließ­lich die Angebote berücksich­tigt, die vermehrt nachgefrag­t wurden. Die Bevölkerun­gsdaten entstammen einer Erhebung der Statistisc­hen Ämter des Bundes und der Länder.

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Hatten sich nie viel zu sagen: Parteichef Meuthen (l.) neben „Flügel-Mann“Kalbitz.
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BERLIN - AfD-Parteichef Jörg Meuthen hat im Ringen um den Rauswurf von Andreas Kalbitz eine juristisch­e Niederlage eingesteck­t. Wegen einer dubiosen Wahlkampff­inanzierun­g gibt es jetzt neue Vorwürfe, die ihn schwer belasten. Er selbst soll von illegalen Parteispen­den gewusst haben.
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Tore geschlosse­n – nicht nur in dieser Karstadt-Filiale im Rathaus-Center der Stadt Dessau (Sachsen-Anhalt).
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