Hamburger Morgenpost

Hamburg, sei nicht leichtsinn­ig – die Pandemie ist längst noch nicht vorbei!

- Sina Riebe sina.riebe@mopo.de

Hamburg hat die Nase voll: „Mit Corona ist jetzt mal Schluss!“Als würde es einen Schalter geben – einfach umlegen und durch sind wir mit der Pandemie. Liebe Hamburger, den gibt es leider nicht. Anstatt uns an die zwei wichtigste­n Maßnahmen „Abstand halten“und „Maske tragen“zu halten, machen wir genau das Gegenteil! Wir lehnen uns dagegen auf, ignorieren die Regeln, die unser Leben schützen sollen. Ernsthaft?

Seit dem 27. April gilt in Hamburg die Pflicht, beim Einkaufen und in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen und einen Mindestabs­tand von 1,5 Metern einzuhalte­n. Einige Hamburger scheinen der Zeit allerdings voraus zu sein: „Corona ist doch vorbei“– ein Satz, der in den vergangene­n Tagen immer häufiger fällt. Und das entspreche­nde Verhalten ist auch auf den Straßen zu beobachten.

Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei. Knapp eine halbe Million Tote gibt es inzwischen weltweit – und es werden täglich mehr. „Aber die Zahlen in Hamburg sinken doch?“Ja, das stimmt, die Frage ist doch aber: Warum? Ganz klar: Weil die Maßnahmen, die getroffen wurden, Wirkung zeigen. Weil Maske tragen und Abstand halten helfen. Dadurch geht das Virus zurück – und die strengen Regeln können gelockert werden, Cafés und Bars dürfen unter Auflagen wieder öffnen. Und was machen wir?

Anstatt uns über einen leckeren Kaffee und das schmerzlic­h vermisste persönlich­e Gespräch mit der Freundin zu freuen, feiern wir in der Schanze und „cornern“am AlmaWarten­berg-Platz. Ohne Abstand. Und ohne Maske. Wir fühlen uns sicher, doch die Sicherheit ist trügerisch und führt uns auf ganz dünnes Eis. Unter der Oberfläche schwelt das Virus, lauert darauf, dass die Corona-Maßnahmen missachtet werden – und schlägt schonungsl­os wieder zu. „Das passiert hier schon nicht“, heißt es gern. Es passiert aber wohl eher „noch“nicht.

Die Gaststätte­n-Eröffnungs­Party in Leer, die riesigen Familientr­effen in Göttingen und damit verbundene Quarantäne-Maßnahmen für ganze Hochhausbl­öcke – und jetzt der Ausbruch in der Fleischfab­rik Tönnies. Erst am Sonnabend warnte auch die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) erneut davor, das Virus nicht zu unterschät­zen. Am Vortag seien ihr mehr als 150 000 Neuinfekti­onen weltweit gemeldet worden, so viele wie nie zuvor! Zahlen, die wir Hamburger verinnerli­chen sollten. Leichtsinn ist in Zeiten einer Pandemie absolut deplatzier­t, die Argumentat­ion, dass die Maßnahmen jetzt „lange genug durchgeset­zt wurden“, nicht angebracht. Seit knapp vier Monaten ist das Virus in Hamburg, schränkt uns und unser Leben ein. Ein Zeitraum, so kurz im Vergleich mit Krisen, die diese Stadt über Jahrzehnte schon er- und überlebt hat. Und das ohne den Luxus von Internet, Licht, Wärme und Essen.

Nach all den Lockerunge­n steuert unser Alltag wieder in Richtung Normalität. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Normalität und die jetzigen Privilegie­n auch noch lange so anhalten. Doch das geht nur, wenn wir lernen, dass zu unserer neuen Normalität ein neuer Anstand gehört: Abstand halten und Maske tragen.

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