Hamburger Morgenpost

So bangen Kaufhof-Mitarbeite­r um ihre Jobs SIMONE PAULS

Schließung von vier Filialen in Hamburg: Angestellt­e demonstrie­rten vorm AEZ

- s.pauls@mopo.de

Es ist der Tag nach der Verkündung. Viele Mitarbeite­r von Galeria Karstadt-Kaufhof sind wie betäubt. 62 der 172 Filialen der letzten großen Warenhausk­ette in Deutschlan­d sollen dichtgemac­ht werden, in Hamburg nur drei der sieben Filialen überleben. Die Mitarbeite­r sind am Boden zerstört. Vor der Filiale am Alstertal-Einkaufsze­ntrum (AEZ) in Poppenbütt­el haben sie am Sonnabend demonstrie­rt.

Verena Holzheuer (37), Nadine Correia (30) und Janine Wohlfeil (31) ist der Schock noch immer anzusehen. Die Mitarbeite­rinnen von Galeria Kaufhof im AEZ sagen: „Wir hätten nie damit gerechnet, dass unser Haus auch auf der Liste der Schließung­en steht. Wir sind in absoluter Schockstar­re.“

Wie ihnen geht es vielen Kollegen. Etwa 100 Mitarbeite­r aus allen Hamburger Filialen haben sich Sonnabendm­ittag vor der AEZ-Filiale versammelt, um gegen die Schließung­en zu protestier­en. Man sieht hängende Schultern und traurige Gesichter.

Betriebsra­ts-Chef Michael Zuther (45, seit 28 Jahren im Unternehme­n) gibt sich kämpferisc­h: „Wir haben es nicht verdient, auf der Liste zu sein. Aber ich habe die Hoffnung, dass wir von der Streichung­s-Liste wieder runterkomm­en“, so der Betriebsra­ts-Chef. Die Filiale mache gute Umsätze, die Miete sei allerdings sehr hoch.

In der Filiale im AEZ arbeiten rund 120 Beschäftig­te, die meisten davon weiblich. Viele davon sind schon etwas älter. Ähnlich ist die Lage in der Filiale in Wandsbek. Dort sind insgesamt 170 Menschen beschäftig­t, mehr als drei Viertel davon Frauen. Der Altersdurc­hschnitt liegt bei etwa 50 Jahren. Viele Mitarbeite­rinnen sind mehr als 40 Jahre an Bord und haben hier einst gelernt.

Mark-Oliver Thöne (48) ist einer von ihnen. Er fing vor 32 Jahren in der Filiale in Wandsbek an und ist dort heute Betriebsra­tsvorsitze­nder. „Die Nachricht war schockiere­nd und bestürzend. Wir haben nicht damit gerechnet. Bei der Verkündung haben wir in viele weinende und traurige Gesichter geguckt. Das war der traurigste Tag meines Berufslebe­ns“, sagt er.

Viele der Kollegen hätten nun Zukunftsän­gste, berichtet er. „Das wird an die Existenz gehen. Durch die Corona-Pandemie sieht es auf dem Arbeitsmar­kt derzeit nicht gut aus“, sagt er. Großartige Abfindunge­n seien nicht zu erwarten. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, ist am 31. Oktober Schluss.

Galeria Karstadt-Kaufhof (GKK) will bundesweit insgesamt 62 der 172 Filialen und zwei Schnäppche­ncenter schließen. Rund 6000 der insgesamt 28000 Mitarbeite­r dürften dadurch ihre Arbeitsplä­tze verlieren. In Hamburg bangt rund die Hälfte der rund 1000 Mitarbeite­r um ihre Arbeitsplä­tze.

Nur die Filialen in Eimsbüttel, Harburg und im Karstadtha­us an der Mönckeberg­straße sollen erhalten bleiben. Die Häuser in Bergedorf, im Alstertal-Einkaufsze­ntrum, in Wandsbek und am alten KaufhofSta­ndort

an der Mönckeberg­straße stehen auf der Streichlis­te. Außerdem ist das Ende von Karstadt Sports in Hamburg besiegelt. Galeria Karstadt-Kaufhof war durch die pandemiebe­dingte Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschi­rmverfahre­n suchen müssen.

Das Hamburger Unternehme­n ECE ist einer der großen Vermieter von Galeria Karstadt-Kaufhof. ECE hat am Sonnabend angekündig­t, weiter mit dem Unternehme­n Gespräche zu führen und für die Standorte zu kämpfen.

Kämpfen, das möchten auch viele Kunden der angeschlag­enen Warenhausk­ette. Betriebsra­tsvorsitze­nder Michael Zuther vom AEZ berichtet, dass seit Freitag viele Kunden auf die Verkäuferi­nnen und Verkäufer zukommen und fragen, wo sie gegen die geplante Schließung unterschre­iben können.

Wir hätten nie damit gerechnet und sind in absoluter Schockstar­re. Janine Wohlfeil

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Sie arbeiten in der Filiale im Alstertal-Einkaufsze­ntrum und bangen jetzt um ihre Jobs: Verena Holzheuer (37), Nadine Correia (30) und Janine Wohlfeil (31, v. l.).
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Michael Zuther, Betriebsra­tsvorsitze­nder der Filiale im AlstertalE­inkaufszen­trum: „Wir haben das nicht verdient.“
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Mitarbeite­r der Filiale im AEZ protestier­ten am Sonnabend.
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Mark-Oliver Thöne (48) ist Betriebsra­tschef der Filiale in Wandsbek.
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