Hamburger Morgenpost

Schülerinn­en müssen 900 Euro Strafe zahlen

Die fünf Mädchen sollen vorm Schulgebäu­de zu nah beieinande­r gestanden haben

- Von IVAN DE VINCENZI

Die Infektions­zahlen bleiben stabil in Hamburg. Dennoch: Abstands- und Hygienereg­eln bestimmen weiter unser Leben. Wie problemati­sch die Umsetzung der Maßnahmen sein kann, wird am Fall der Schülerin Sinem A. deutlich. Je rund 180 Euro Bußgeld müssen sie und vier weitere Klassenkam­eraden zahlen – weil sie sich vor dem Schulgebäu­de ohne Mindestabs­tand zueinander aufhielten.

Der Vorfall ereignete sich bereits am 27. Mai, am ersten Tag der Wiedereröf­fnung der Schulen in Hamburg. Die 16-jährige Sinem verließ die Ida-Ehre-Schule am Lehmweg nach Unterricht­sschluss. Bevor sie nach Hause ging, blieb sie jedoch kurz mit vier weiteren Mädchen vor dem Gebäude stehen, um Lernmateri­alien auszutausc­hen. Dann gab’s Ärger.

Ein Polizist bemerkte die Teenie-Gruppe, schritt sofort ein – und verteilte saftige Bußgelder. „Sie hielten an öffentlich­en Orten nicht den Mindestabs­tand von 1,5 Metern zu anderen Personen ein, obwohl Ihnen dies aufgrund der örtlichen oder räumlichen Verhältnis­se möglich war“, heißt es im Bußgeldbes­cheid der Stadt. Sinems Familie muss 150 Euro zahlen, hinzu kommen die Kosten des Verfahrens in Höhe von 25 Euro plus 3,50 Euro Auslagen. Auch die anderen Schülerinn­en, die sich dort mit Sinem aufhielten, müssen diesen Betrag zahlen, insgesamt gut 900 Euro.

„Das ist unglaublic­h, wir haben der Schulbehör­de und dem Senat vertraut und unsere Tochter zur Schule geschickt. Dann kriegt sie ohne Ermahnung ein Bußgeld“, sagt Sedat A., der Vater von Sinem, zur MOPO. „Aufgrund der Corona-Situation haben wir als Familie in der Mittelschi­cht auch mit finanziell­en Problemen zu kämpfen, da kommt ein unnötiger Bußgeldbes­cheid sehr ungelegen.“

Das Bußgeld sei absurd, wenn man bedenke, wie viele Menschen in der Innenstadt und an der Alster unterwegs sind. „Und da kriegen ein paar Teenager vor der Schule einen Bußgeldbes­cheid.“Sedat A. fühle sich von der Schulbehör­de im Stich gelassen, seine Tochter sei seit dem Vorfall verunsiche­rt. Sie wisse nicht, was sie draußen und in der Nähe der Schule darf und was nicht.

Doch was sagt die Stadt dazu? Die MOPO fragte bei der Schulbehör­de mehrfach nach, eine Stellungna­hme dazu steht noch aus.

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