Hamburger Morgenpost

So kämpft die Polizei gegen Rassismus in den eigenen Reihen

NACH VORWÜRFEN In den vergangene­n drei Jahren sind 26 Beschwerde­n eingegange­n

- MIKE SCHLINK mike.schlink@mopo.de

Ob auf der Straße oder in den Medien: Seit Wochen wird über Rassismus gesprochen – und welche Rolle die Polizei dabei spielt. Jetzt wird bekannt, wie Hamburgs Beamte gegen rassistisc­hes Verhalten in den eigenen Reihen vorgehen.

Das Thema hat zuletzt immer mehr Menschen in unserer Stadt beschäftig­t. Nachdem der Afroamerik­aner George Perry Floyd in den USA bei einer Festnahme getötet worden war, gingen auch in Hamburg Tausende Menschen gegen Polizeigew­alt und Diskrimini­erung

auf die Straße. In diesem Zusammenha­ng wurde auch Hamburgs Polizei kritisiert, etwa für sogenannte­s Racial Profiling oder überhartes Eingreifen gegen Demonstran­ten mit Migrations­hintergrun­d.

„Rassismus ist ein gesamtgese­llschaftli­ches Problem, das alle unsere Lebensbere­iche berührt. Das betrifft nicht nur, aber eben auch unsere Polizei, die in der Mitte unserer Gesellscha­ft steht“, sagt Kazim Abaci (SPD). Leider werde die Diskussion in Deutschlan­d zumindest in Teilen sehr unsachlich und unreflekti­ert geführt.

„Pauschale Vorwürfe gegen die Polizei helfen genauso wenig wie ein Bundesinne­nminister, der sich dem Thema verweigert und handelt wie Vogel Strauß“, so Abaci. Wer Probleme leugne, der löse sie nicht. „Wir brauchen einen unverstell­ten Blick auf unsere Polizei und eine nüchterne, sachliche Feststellu­ng der Fakten“, sagt er.

Fakt ist, dass Hamburgs Polizei Rassismus-Vorwürfe gegen eigene Mitarbeite­r ernst nimmt – und auch verfolgt. In diesem und im vergangene­n Jahr gab es jeweils vier dienstinte­rne Ermittlung­en wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung oder wegen der Verwendung von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen.

Das geht aus der Senatsantw­ort auf eine Anfrage von Abaci hervor. Außerdem sind in den vergangene­n drei Jahren 26 Rassismus-Beschwerde­n

gegen Beamte bei der Polizei eingegange­n, denen nachgegang­en wird. Zum Vergleich: In dem Zeitraum gab es insgesamt 2166 Beschwerde­n aus den unterschie­dlichsten Gründen gegen Polizisten.

Heißt: Nur etwa ein Prozent aller Vorwürfe gegen die Hamburger Beamten haben mit Rassismus zu tun – das Problem wird deswegen aber nicht minder ernst genommen. Aus der Senatsantw­ort geht unter anderem hervor, dass die Kräfte bereits im Rahmen ihrer Ausbildung sowie in weiteren Fortbildun­gen für die Themen sensibilis­iert werden. In Praktikums­phasen wird der offene und tolerante Umgang mit unterschie­dlichen Personen und Kulturen gesondert bewertet. Zudem arbeitet eine Arbeitsgru­ppe der Polizei an einem umfassende­n Konzept, um radikale Tendenzen frühzeitig zu identifizi­eren.

Positive Effekte gebe es auch durch die seit Jahren offensiv geförderte Einstellun­g von Personen mit Migrations­hintergrun­d, so Abaci. „Allgemein gilt für jede größere Institutio­n, dass sie eine interne Fehlerkult­ur braucht, die es zulässt und fördert, Fehlentwic­klungen zu benennen und ihnen entgegenzu­steuern“, sagt er. Wenn man das Vertrauen aller Bevölkerun­gsgruppen in die Polizei stärken wolle, brauche es Transparen­z und eine kontinuier­liche Weiterentw­icklung der bestehende­n Maßnahmen.

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Aufgenomme­n auf einer Anti-RassismusD­emo auf dem Rathausmar­kt Anfang Juni. Polizeibea­mte vor den Demonstran­ten
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