So kämpft die Polizei gegen Rassismus in den eigenen Reihen
NACH VORWÜRFEN In den vergangenen drei Jahren sind 26 Beschwerden eingegangen
Ob auf der Straße oder in den Medien: Seit Wochen wird über Rassismus gesprochen – und welche Rolle die Polizei dabei spielt. Jetzt wird bekannt, wie Hamburgs Beamte gegen rassistisches Verhalten in den eigenen Reihen vorgehen.
Das Thema hat zuletzt immer mehr Menschen in unserer Stadt beschäftigt. Nachdem der Afroamerikaner George Perry Floyd in den USA bei einer Festnahme getötet worden war, gingen auch in Hamburg Tausende Menschen gegen Polizeigewalt und Diskriminierung
auf die Straße. In diesem Zusammenhang wurde auch Hamburgs Polizei kritisiert, etwa für sogenanntes Racial Profiling oder überhartes Eingreifen gegen Demonstranten mit Migrationshintergrund.
„Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das alle unsere Lebensbereiche berührt. Das betrifft nicht nur, aber eben auch unsere Polizei, die in der Mitte unserer Gesellschaft steht“, sagt Kazim Abaci (SPD). Leider werde die Diskussion in Deutschland zumindest in Teilen sehr unsachlich und unreflektiert geführt.
„Pauschale Vorwürfe gegen die Polizei helfen genauso wenig wie ein Bundesinnenminister, der sich dem Thema verweigert und handelt wie Vogel Strauß“, so Abaci. Wer Probleme leugne, der löse sie nicht. „Wir brauchen einen unverstellten Blick auf unsere Polizei und eine nüchterne, sachliche Feststellung der Fakten“, sagt er.
Fakt ist, dass Hamburgs Polizei Rassismus-Vorwürfe gegen eigene Mitarbeiter ernst nimmt – und auch verfolgt. In diesem und im vergangenen Jahr gab es jeweils vier dienstinterne Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung oder wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Das geht aus der Senatsantwort auf eine Anfrage von Abaci hervor. Außerdem sind in den vergangenen drei Jahren 26 Rassismus-Beschwerden
gegen Beamte bei der Polizei eingegangen, denen nachgegangen wird. Zum Vergleich: In dem Zeitraum gab es insgesamt 2166 Beschwerden aus den unterschiedlichsten Gründen gegen Polizisten.
Heißt: Nur etwa ein Prozent aller Vorwürfe gegen die Hamburger Beamten haben mit Rassismus zu tun – das Problem wird deswegen aber nicht minder ernst genommen. Aus der Senatsantwort geht unter anderem hervor, dass die Kräfte bereits im Rahmen ihrer Ausbildung sowie in weiteren Fortbildungen für die Themen sensibilisiert werden. In Praktikumsphasen wird der offene und tolerante Umgang mit unterschiedlichen Personen und Kulturen gesondert bewertet. Zudem arbeitet eine Arbeitsgruppe der Polizei an einem umfassenden Konzept, um radikale Tendenzen frühzeitig zu identifizieren.
Positive Effekte gebe es auch durch die seit Jahren offensiv geförderte Einstellung von Personen mit Migrationshintergrund, so Abaci. „Allgemein gilt für jede größere Institution, dass sie eine interne Fehlerkultur braucht, die es zulässt und fördert, Fehlentwicklungen zu benennen und ihnen entgegenzusteuern“, sagt er. Wenn man das Vertrauen aller Bevölkerungsgruppen in die Polizei stärken wolle, brauche es Transparenz und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der bestehenden Maßnahmen.