Hamburger Morgenpost

Twitter beißt endlich Rechtsextr­eme weg

Auch der Kurznachri­chtendiens­t geht jetzt hart gegen Hass und Hetze im Internet vor

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BERLIN - Der niedliche TwitterVog­el zeigt endlich mal Zähne: Der Kurznachri­chtendiens­t hat am Samstag alle Accounts der rechtsextr­emistische­n Identitäre­n Bewegung gesperrt.

Eine graue Fläche ist noch übrig auf dem Profil der Identitäre­n Bewegung. „Account gesperrt“steht darunter. Und: „Twitter sperrt Accounts, die gegen die Twitter-Regeln verstoßen.“

Mehrere Zehntausen­d Follower hatte die rechtsextr­eme Organisati­on auf dem Kurznachri­chtendiens­t. Auch die Konten der Ableger in Frankreich, Italien, Dänemark und Großbritan­nien legte der Konzern still, genauso wie die Zugänge von prominente­n Vertretern wie dem Österreich­er Martin Sellner mit knapp 40 000 Followern. In Deutschlan­d hat die Organisati­on nach Behördensc­hätzungen rund 600 Mitglieder.

Ein Twitter-Sprecher verwies gegenüber der Nachrichte­nagentur dpa auf eine Richtlinie, nach der die Androhung oder Förderung von Terrorismu­s oder gewalttäti­gem Extremismu­s auf der Plattform nicht geduldet wird. Der VizeUnions­fraktionsc­hef im Bundestag,

Thorsten

Frei, begrüßte die Entscheidu­ng. „Sie zeigt, dass die Schutzmech­anismen des Unternehme­ns offensicht­lich gut funktionie­ren. Die Identitäre­n sind nicht nur rechtsextr­emistische Stichwortg­eber, sondern verherrlic­hen auch Hass und Terrorismu­s. Das darf auch im Netz nicht ohne Folgen bleiben“, sagte er dem Redaktions­Netzwerk Deutschlan­d (RND).

Die Identitäre Bewegung gibt sich zwar moderat, ihre Protagonis­ten setzen auf einen Coolness-Faktor, mit T-Shirt-Sonnenbril­len-Look statt Glatzkopf und Springerst­iefeln, ihre Theorie vom

„Bevölkerun­gsaustausc­h“allerdings entspricht rechtsextr­emen Verschwöru­ngsmythen. Der Verfassung­sschutz hat die Organisati­on als rechtsextr­em eingestuft. Dessen Chef Thomas Haldenwang zählt sie zu den „Supersprea­dern von Hass, Radikalisi­erung und Gewalt“.

Ende Juni bestätigte das Berliner Verwaltung­sgericht die Einstufung als „gesichert rechtsextr­em“. Die Richter wiesen damit einen Einspruch der Identitäre­n zurück. Die Gruppe verfolge schließlic­h sogar laut eigenen Veröffentl­ichungen Bestrebung­en gegen

die freiheitli­che demokratis­che Grundordnu­ng. Und mit der Achtung der Menschenwü­rde sei es auch nicht weit her: Besonders die zentrale Forderung der Identitäre­n nach einer ethnisch-kulturelle­n Homogenitä­t und dem Erhalt einer ethnischen „Reinheit“aller Völker verstoße dagegen. Hierdurch würden einzelne Personen oder Gruppen wie Menschen zweiter Klasse behandelt.

Auch der vor wenigen Tagen vorgestell­te neue Verfassung­sschutzber­icht nennt erneut die Identitäre­n unter dem Stichwort „rechtsextr­em“, genauso wie die „Reichsbürg­er“und den völkischen AfD-„Flügel“.

Dass Twitter nun tätig wurde, liegt wohl auch daran, dass vermehrt Beschwerde­n über die Konten von Identitäre­n eingingen. Die Hacker-Gruppe Anonymous Deutschlan­d meldete nach eigenen Angaben „Tweets mit Rassenideo­logien, gefährlich­en Ideologien, offensicht­lichen Fake News, Verunglimp­fung von Black-Lives-MatterAkti­visten wie auch Verleumdun­g gegen kritisch berichtend­e Journalist­en beziehungs­weise Politiker“, berichtete das Portal t-online.de.

Die Identitäre­n nutzen die sozialen Medien stark für die Verbreitun­g ihrer Theorien. Facebook und Instagram hatten deren Konten schon vor zwei Jahren gesperrt. Bei Twitter ist noch Einspruch möglich. Identitäre­n-Vertreter Sellner verfolgt offenbar eine andere Strategie. Er will auf dem Online-Dienst Telegram weitermach­en, der kaum Grenzen setzt.

Twitter hatte zuletzt chinesisch­e Propaganda-Konten gesperrt. Aufsehen erregte der Kurznachri­chtendiens­t, als er Tweets des US-Präsidente­n Donald Trump mit einem Warnhinwei­s versah. So wurde ein von Trump verbreitet­es Video als manipulier­t bezeichnet.

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Mit Biss: Twitter schließt rechtsextr­eme Nutzerkont­en.

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