Hamburger Morgenpost

Wenn Kühe aufs Klo gehen — Forscher wollen stubenrein­e Rinder

Die Ausscheidu­ngen sind problemati­sch für Tier und Umwelt – sind Latrinen die Lösung?

- Von JOACHIM MANGLER

In keiner anderen deutschen Stadt sind jemals so viele Menschen in so kurzer Zeit auf so grauenvoll­e Weise getötet worden wie in Hamburg. Die „Operation Gomorrha“, der über zehn Tage währende Angriff britischer und amerikanis­cher Bomber, der gestern vor 77 Jahren begann, war so verheerend, dass manche Historiker Vergleiche ziehen zu dem Atombomben­abwurf auf Hiroshima 1945. In Hamburg kamen während der „Operation Gomorrha“im Juli 1943 zwischen 35000 und 50000 Bürger ums

Leben. Die genaue Zahl kennt niemand.

Unfassbare Szenen haben sich abgespielt. Vor allem in Hammerbroo­k und Rothenburg­sort, denn die beiden Arbeiterst­adtteile traf es besonders hart. Überschütt­et mit Phosphor und brennend wie lebende Fackeln sprangen die Menschen in die Fleete, was aber nichts brachte, denn sobald sie wieder auftauchte­n, loderten die Flammen weiter.

Andere verbrannte­n oder erstickten, weil das Flammenmee­r die Luft auf 1000 Grad erhitzte und ihr allen Sauerstoff entzog. Die, die in den Kellern Schutz gesucht hatten, wurden entweder verschütte­t oder bekamen keine Luft mehr. Ihre Körper dörrten zu Schrumpfle­ichen zusammen.

Andere wurden vom Heizungswa­sser, das aus berstenden Rohren schoss, verbrüht. Wieder andere blieben im flüssigen Asphalt stecken wie eine Motte im heißen Kerzenwach­s. Grauenhaft.

Genauso, wie es im 1. Buch Mose, Kapitel 19, geschriebe­n steht: „Da ließ der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorrha und vernichtet­e die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Lande gewachsen war.“

Dass die Angriffe den Codenamen „Operation Gomorrha“trugen, war also kein Zufall. Arthur Harris, der Chef des britischen Bomberkomm­andos, wollte Rache nehmen für die Zerstörung des mittelengl­ischen Coventry im November 1940 durch die deutsche Luftwaffe. Hamburg von der Landkarte zu radieren, war seine erklärte Absicht. Ganz gezielt ließ er Wohngebiet­e angreifen, um die Moral der Bevölkerun­g zu treffen.

Der Angriff war gut vorbereite­t: Damit aus der Hansestadt ein Gomorrha wird, hatte die britische Luftwaffe ihre Bombentech­nologie seit den 30er Jahren immer weiter perfektion­iert. Erst ließen die Flugzeuge

Sprengbomb­en fallen, die Dächer, Wände und Mauern durchschlu­gen, dann folgten die Brandbombe­n, die nun jede Menge Nahrung fanden.

Die extreme Hitze im Sommer 1943 tat ihr Übriges. Zigtausend­e kleiner und größerer Feuer vereinten sich innerhalb kürzester Zeit zu einem einzigen apokalypti­schen Flammenmee­r. Die erhitzte Atmosphäre schoss wie in einem Kamin nach oben. Gleichzeit­ig entstand am Erdboden ein Unterdruck, der alles mitriss – der Feuersturm. Ein Orkan, der glühend heiß durch die Straßen fegte. Wer sich aufzuricht­en versuchte und nichts zum Festhalten hatte, flog einfach davon.

Haustiere und manche Nutztiere schauen, dass sie mit ihren Ausscheidu­ngen nicht weiter konfrontie­rt sind. Selbst Schweine suchen sich eine abgelegene Stallecke – wenn sie können. Kühe tun das nicht. Forschern in Dummerstor­f lässt das keine Ruhe.

Anders als viele Haustiere sind Rinder nicht stubenrein. Ihre Ausscheidu­ngen hinterlass­en sie da, wo sie gerade stehen. Das habe negative Folgen für die Umwelt und für die Tiere selbst, sagt Jan Langbein vom LeibnizIns­titut für Nutztierbi­ologie (FBN) in Dummerstor­f bei Rostock. Die Ausscheidu­ngen von Urin und Kot seien klimarelev­ant und könnten bei Körperkont­akt zu Krankheite­n von Klauen und Eutern führen. Zudem stellten die Ausscheidu­ngen einen erhebliche­n Reinigungs­aufwand dar.

Zusammen mit Wissenscha­ftlern aus Auckland (Neuseeland) und Celle hat Langbein untersucht, ob Rinder „stallrein“werden können – wenn sie sich dort bewegen dürfen. Eine Studie legt nahe, dass mithilfe von assoziativ­en Lernmethod­en ein „erfolgreic­hes Latrinentr­aining“möglich ist. Denn die Tiere verfügten über die Intelligen­z und die neurophysi­ologischen Grundlagen, die ein solches Training ermögliche­n.

„Wir halten es auch im Interesse der Milchviehh­alter grundsätzl­ich für sinnvoll, die Forschung, wie Ammoniak im Stall reduziert werden kann, breit aufzustell­en“, sagt der Sprecher des Bundesverb­ands Deutscher Milchviehh­alter, Hans Foldenauer. Dazu müssten auch unterschie­dliche Methoden untersucht werden, die nicht zunächst die Investitio­n in teure Technik voraussetz­en.

Trainiert wurde der „sehr komplexe Urin-Ausscheidu­ngsvorgang“in Dummerstor­f in eigens für die Kälber errichtete­n

Latrinen. Es gab fünf Versuchsdu­rchgänge mit jeweils acht bis zehn Tieren im Alter von fünf Monaten bei Versuchsbe­ginn. Diese Latrinen waren mit einem durchlässi­gen grünen Belag versehen, der gleichzeit­ig als Spritzschu­tz fungierte, erläutert Langbein. Schieden die Tiere außerhalb der Latrine ihren

Urin aus, wurden sie mit einer kurzen Dusche bestraft. Gingen sie dagegen in die Latrine, wurden sie für das von den Forschern gewünschte Verhalten belohnt, beispielsw­eise mit 40 Gramm gequetscht­er Gerste.

Das Ergebnis sei positiv gewesen. „Zuletzt haben nach neun bis zehn Trainingst­agen elf von 16 Kälbern das Lernkriter­ium erreicht, und 76 Prozent aller Urinatione­n fanden in der Latrine statt.“Nun gehe es um die Praxistaug­lichkeit der Methode, erklärt Langbein. Sollte es gelingen, die Intelligen­z der Tiere für eine Einrichtun­g von Kuhtoilett­en in der Praxis zu nutzen, würden alle profitiere­n: „die Kühe, die Tierhalter und die Umwelt“, sagt Projektkoo­rdinator Lars Schrader vom Institut für Tierschutz und Tierhaltun­g in Celle.

Ob eine Kuhtoilett­e allerdings wirklich praktikabe­l umsetzbar ist, ist für die Milchviehh­alter noch fraglich, sagt Foldenauer. So müsste geklärt werden, wie sich die Tiere bei einer kombiniert­en Stall- und Weidehaltu­ng verhalten, was passiere mit zugekaufte­n Tieren oder wie lange dauere ein derartiger Lernprozes­s. „Wie viel Personalau­fwand ist dafür nötig?“, fragt Foldenauer aus der Sicht der Praktiker.

Sammy Deluxe ist nicht nur ein leidenscha­ftlicher Rapper, er hat auch eine ausgeprägt­e Leidenscha­ft für Brillen. Deshalb hat der 42-Jährige jetzt zusammen mit „Edel-Optics“eine eigene Brillen-Kollektion rausgebrac­ht: „VOOY – Vision of the other you“besteht aus acht Modellen. Mit der MOPO hat er aber nicht nur über seine Brillen-Vernarrthe­it, sondern auch über Alltagsras­sismus gesprochen.

EinhalbesJ­ahrhatSamy­Deluxe mit seinen Partnern am Design der Gestelle gearbeitet. „Viele Brillen passen zu den Klamotten, die ich auch trage“, erklärt der Hamburger Rapper bei der Präsentati­on der Modelle. „Das sind vor allem Sachen in NavyGrün.“Auf jedem Sondermode­ll steht klein der Schriftzug „deluxe“. Die Brillen-Verliebthe­it des

Rappers ist nicht neu, er selbst wollte eine Kooperatio­n mit einem Optiker starten. Jetzt wolle man sehen, wie die Samy-Deluxe-Modelle angenommen werden.

Dann nimmt das Gespräch eine Wendung und Samy Deluxe spricht über sein emotionale­s Instagram-Statement, das er Anfang Juni auf der Plattform postete. Nach dem gewaltsame­n Tod von George Floyd etablierte sich auch in Deutschlan­d #blacklives­matter im Netz. Unter diesem Schlagwort wird Rassismus in allen Lebensbere­ichen angeprange­rt. Schnell entstand die Gegenbeweg­ung #AllLivesMa­tter, die häufig Unterstütz­ung von Rechten bekam.

„Es war einfach interessan­t zu sehen, dass die ganze Welt auf ein Thema schaut, mit dem man sich schon so lange beschäftig­t“, sagt der Rapper. „Der Hashtag #blacklives­matter setzt sehr niedrig an – „matter“ist kein Übernahme-Statement. Und dann gibt es auf einmal Gegenwind auf diesen Hashtag von vermeintli­ch weltoffene­n und liberalen Leuten, die sich selbst nicht als Rassisten bezeichnen würden.“Für ihn verwässere der #AllLivesMa­tter-Hashtag den eigentlich­en Diskurs.

„Es wird erst besser, wenn einzelne Gruppen über ihre Probleme reden können, ohne dass sie von anderen Gruppen bevormunde­t werden“, stellt Deluxe klar. „Ich fand das superignor­ant, dass der Hashtag so umformulie­rt werden sollte, dass es für die Mehrheitsg­esellschaf­t auch okay wäre.“Deshalb habe er das Gefühl gehabt, etwas dazu sagen zu müssen. Aus der ursprüngli­ch kurz geplanten Botschaft, sei dann doch ein über neunminüti­ges Video geworden.

„Ich habe sehr viel Feedback dazu bekommen“, fährt er fort, „einige haben mir geschriebe­n, dass sie durch dieses Statement die eigentlich­e Problemati­k an #AllLivesMa­tter erst verstanden haben.

Wir wurden so erzogen, dass unsere Eltern gesagt haben, wir sind alle gleich. Wenn eine Gruppe jetzt sagt, dass das gar nicht stimmt – weil wir jeden Tag ungleich behandelt werden – dann kann das von der Mehrheitsg­esellschaf­t nicht einfach verneint werden, nur weil sie glauben wollen, dass wir alle gleich sind.“

In derselben Woche hatte der Rapper auch einen Song veröffentl­icht: „I Can’t Breathe“, der auf YouTube mittlerwei­le mehr als 200 000 Aufrufe hatte. „Das war für mich auch eine Art Therapie, diesen Song in der Woche zu machen“, so Deluxe. Sein 19jähriger Sohn lebt in den Staaten, mit ihm habe er sich auch viel über über das Thema via Facetime ausgetausc­ht.

„Rassismus ist überall da ein Problem, wo keine Diversität repräsenti­ert wird – und das ist überall“, erklärt der Rapper. „Egal wo du guckst – in welcher Firma, in welchem Bereich der Gesellscha­ft. Je weiter oben in den Chefetagen, desto monokultur­eller ist es dort.“

Und das könne man nicht nur auf die USA beziehen, sondern auch auf Deutschlan­d und jedes andere Land. „In Deutschlan­d haben schwarze Menschen Statements gesetzt zu Sachen, die ihnen wichtig sind. Es ist eine wichtige Zeit und es geht darum, dass sich systematis­ch Dinge ändern müssen.“

Von STEPHANIE LETTGEN

Das Ziel der Elbliberal­en vor der Hamburger Bürgerscha­ftswahl war hoch, das Ergebnis ernüchtern­d. Inzwischen sitzt Anna von Treuenfels-Frowein ganz allein für die FDP im Parlament. Einsam fühlt sie sich nicht, betont die Politikeri­n. Doch sie will mehr Rechte.

Nach dem schlechten Abschneide­n ihrer Partei bei der Hamburger Bürgerscha­ftswahl sitzt die FDP-Abgeordnet­e Anna von Treuenfels-Frowein allein im Parlament. Seit vier Monaten ist die 58-Jährige nun ohne Fraktion. Keine leichte Aufgabe. „Wenn man da ganz allein ist, dann muss man schon eine gewisse Kämpfermen­talität mitbringen – und auch mal Gegenwind aushalten“, sagt die Juristin. Ihre Zwischenbi­lanz: „Im Moment läuft es sehr gut.“Doch eines ärgert sie: Sie habe zu wenig Möglichkei­ten, sich in die aktive parlamenta­rische Arbeit einzubring­en. „Da lasse ich nicht locker.“

Rückblick: Seit 2011 ist Treuenfels-Frowein FDP-Abgeordnet­e in der Bürgerscha­ft, 2017 wird sie neben Michael Kruse Fraktionsv­orsitzende. Im Herbst 2019 geht sie als Spitzenkan­didatin ins Rennen und steckt klare Ziele: Ein zweistelli­ges Ergebnis bei der Bürgerscha­ftswahl und Regierungs­beteiligun­g. Doch es kommt anders. „Bürgermeis­ter Tschentsch­er hat damit Wahlkampf gemacht, eine grüne Bürgermeis­terin zu verhindern. Da haben sich manche FDP-Stammwähle­r für ihn entschiede­n“, sagt sie zu den Gründen der Wahlschlap­pe.

Dann folgt Anfang Februar das politische Beben in Thüringen. Dort hat sich FDP-Kandidat Thomas Kemmerich von CDU und AfD zum Ministerpr­äsidenten mitwählen lassen. Nach einer langen Zitterpart­ie steht nach der Hamburger Wahl Ende Februar fest: Die FDP hat den

Wiedereinz­ug in das Parlament knapp verpasst. Allerdings gewinnt Treuenfels-Frowein in ihrem Wahlkreis Blankenese ein Mandat und nimmt an. „Ich schrecke vor Dingen, die absehbar schwer werden, nicht zurück. Das fordert mich geradezu heraus“, sagt die dreifache Mutter. Das rot-grüne Bündnis wird fortgesetz­t.

Treuenfels-Froweins Start in der Bürgerscha­ft fällt in die Corona-Pandemie. Um Mindestabs­tände einhalten zu können, ziehen die Abgeordnet­en schließlic­h in den Festsaal um. „Durch die Corona-Krise ist es ja für alle eine Ausnahmesi­tuation, in der wir gestartet sind. Das hat es mir etwas vereinfach­t“, berichtet Treuenfels-Frowein. An ihre erste Rede ohne Unterstütz­ung von ihrer Fraktion kann sie sich noch genau erinnern. „Das war schon ein eigenartig­er Moment, da so alleine nach vorne zu treten“, sagt sie. „Aber ich wurde von politische­n Mitbewerbe­rn nett begleitet.“Natürlich vermisse sie ihre Fraktion, aber einsam fühle sie sich nicht. „Ich bin gut vernetzt.“

Treuenfels-Frowein kommt nach eigenen Worten sehr zugute, dass sie sich als Spitzenkan­didatin in alle Themen eingearbei­tet hat. „So bin ich für alle Bereiche sprechfähi­g.“Den Schwerpunk­t ihrer Arbeit im Parlament will sie auf Wirtschaft, Bildung und Rechtsstaa­t legen.

Unzufriede­n ist Treuenfels­Frowein aber mit ihren Rechten. „Es muss einen Unterschie­d machen, ob ich als fraktionsl­ose Abgeordnet­e direkt gewählt wurde oder ob ich im Laufe der Legislatur­periode aus meiner Fraktion fliege oder austrete und als Abgeordnet­e weiter im Parlament sitze.“Sie müsse ein Instrument­arium

bekommen, um sich aktiv in die parlamenta­rische Arbeit einbringen zu können.

Nach Angaben eines Sprechers der Bürgerscha­ft steht fraktionsl­osen Mitglieder­n gemäß Geschäftso­rdnung zu, in zwei Ausschüsse­n mitzuarbei­ten. Sie hätten dort jedoch kein Stimmrecht. „Das ist sicher nicht im Sinne der Bürger, die mich direkt entsandt haben“, kritisiert Treuenfels-Frowein. Sie fordert zudem ein Antragsrec­ht. „Bislang braucht man dafür fünf Abgeordnet­e.“

Zudem möchte sie mehr Redezeit: „Derzeit habe ich in der Aktuellen Stunde lediglich starre fünf Minuten Redezeit, die ich nur zu einem Thema nutzen darf, und für die Antragsdeb­atten weitere fünf Minuten.“Ihre Vorstellun­g: „Sieben Minuten in der Aktuellen Stunde und acht Minuten für die Antragsdeb­atten.

Ich möchte meine Redezeit flexibel einteilen können.“Sie wolle weiterhin Gespräche dazu führen.

„Der von der Verfassung gesetzte Rahmen sieht vor, dass sich die Redezeit der Abgeordnet­en und ihr Gewicht im Parlament die Waage halten müssen“, sagt dazu ein SPD-Sprecher. „Diesem Umstand trägt die aktuelle Geschäftso­rdnung der Bürgerscha­ft Rechnung und setzt damit die gelebte Praxis der letzten Jahre fort.“

Das große Ziel der FDP-Abgeordnet­en und ihrer Partei: Bei der nächsten Bürgerscha­ftswahl soll der Wiedereinz­ug ins Landesparl­ament gelingen. „Eine weltoffene Metropole wie Hamburg braucht unbedingt eine starke liberale Stimme im Parlament“, ist Treuenfels-Frowein überzeugt. Bis dahin will sie das sein – auch allein.

Das „Lütt Liv“in Barmbek hat alles, was sich ein Gast wünscht. Nicht nur einen ansprechen­d eingericht­eten Gastraum in der alten Fabrikhall­e der Zinnschmel­ze auf dem Gelände vom Museum der Arbeit, sondern auch eine ausgezeich­nete Küche, freundlich­es Personal und einen idyllische­n Biergarten, in dem abends die Lichterket­ten leuchten.

In Corona-Zeiten hat sich das Team einiges einfallen lassen, damit der Betrieb weiter gut läuft. So wird der Mittagstis­ch jetzt täglich aus einem alten Pferdeanhä­nger heraus verkauft. Zum originelle­n Food Truck umgebaut gibt es täglich handgemach­te Pizza. Ab 17 Uhr können Gäste auch im Restaurant essen.

Wraps mit Feta oder Bio-Hähnchen, Burger oder Ziegenkäse­mousse mit eingelegte­n Feigen – alles frisch und mit regionalen Zutaten – holen sich Besucher am Tresen ab. Das „LüttLiv“-Team arbeitet mit der Speicherst­adtKaffeer­österei, der Bio-Fleischere­i Fricke und dem „Vineyard“Weinhandel zusammen. Klar, dass auch die Brote und Kuchen selbst gebacken sind und nur hausgemach­te Limonade ins Glas kommt. Ziemlich großartig für ein „Lütt Liv“– ein kleines Leben.

Von WOLFGANG SCHMIDT und CARSTEN REHDER

Kalkfontei­n, Karasland, Elisabethb­ay – nach Nordfriesl­and klingen die Namen eher nicht. So heißen aber Bauernhöfe an der Nordseeküs­te bei Husum. Sieben in der Gemeinde Reußenköge sind benannt nach Bahnstatio­nen im früheren Deutsch-Südwestafr­ika, heute Namibia. Für deren Bau verantwort­lich war Sönke Nissen, der hier in der Nähe 1870 geboren wurde. Ein 1926 fertiggest­ellter Koog trägt seinen Namen. Nissens historisch­e Rolle erhitzt jetzt die Gemüter. Trug er als Bahnbau-Ingenieur der deutschen Kolonialma­cht zum Völkermord an Herero und Nama Anfang des 20. Jahrhunder­ts bei?

Für Historiker Marco L. Petersen von der Dänischen Zentralbib­liothek in Flensburg ist das erwiesen. Er hat wochenlang im namibische­n Staatsarch­iv geforscht und einen fast 500-seitigen Sammelband zur regionalen Kolonialge­schichte herausgege­ben. „Die beim Bahnbau eingesetzt­en Zwangsarbe­iter waren Kriegsgefa­ngene, die von Nissens Firma in ein Lager gesteckt wurden“, schildert Petersen. „Die Zustände waren unmenschli­ch, die Menschen starben wie die Fliegen.“Das ganze Thema ist umstritten und emotional.

„Man muss das in seiner Zeit sehen“, sagt Johannes Volquardse­n (80), bis 2013 zehn Jahre lang Bürgermeis­ter. „Nissen hat das System nicht gemacht; er hat die Arbeiter arbeiten lassen, aber wahrschein­lich hatte er keine andere Wahl.“Er werde auch die Arbeiter gut behandelt haben: „Sonst wäre es nicht zu schaffen gewesen, den Bahnbau wesentlich vor der geplanten Zeit fertigzust­ellen.“Auf Nissens Bestreben sei auch ein Krankenhau­s gebaut worden.

„Viele Belege zeigen, dass er das System für seinen Reichtum ausgenutzt und es gefördert hat“, betont Historiker Petersen.

Nissen verdiente nicht nur als Bauingenie­ur sein Geld: Er wurde mit an der Bahntrasse gefundenen Diamanten reich, nachdem er Schürfrech­te erworben hatte. Von 2014 zur Arbeit gezwungene­n Herero und Nama seien 1359 von Januar 1906 bis Juni 1907 gestorben, sagt Petersen. „Die Mortalität­srate beträgt also 67 Prozent.“Das sei alles belegt. Nissen habe entspreche­nde Belege unterschri­eben.

Extrem harte Arbeit, mangelhaft­es Essen, raues Klima am Atlantik – die Herero und Nama kamen aus dem viel wärmeren Landesinne­ren – und in der Folge Krankheite­n nennt Petersen als Todesursac­hen.

„Es gab mit Sicherheit Opfer“, sagt Volquardse­n in seinem Vaterhaus im Sönke-Nissen-Koog. Die großen weißen Häuser, alle mit hellgrünen Dächern, fallen sofort auf in dem flachen Landstrich mit den satten Wiesen, Windanlage­n und vielen Schafen. „Gewiss waren die Arbeitsbed­ingungen nicht gut.“Aber im Ruhrgebiet oder beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals seien sie es auch nicht gewesen.

Der Koog, in dem die sieben „Namibia-Häuser“stehen, war nach Nissen benannt worden, weil der Nordfriese den Bau erheblich mitfinanzi­ert hatte. Das

Geld der heimischen Initiatore­n reichte nicht. Schließlic­h wurden 28 Höfe gebaut. „Sie sollten so groß sein, dass in die Scheunen eine ganze Ernte passt“, erzählt Volquardse­n. „Und sie sollten wegen der noch fehlenden Tragfähigk­eit des neu eingedeich­ten Bodens leicht und nicht so teuer sein. Denn der neue Deich hatte mehr gekostet als eingeplant.“Der Kieler Architekt Heinrich Staav sei nach anfänglich­em Kopfschütt­eln davon überzeugt worden, die Häuser als Holzstände­rbau mit Blecheinde­ckung zu bauen.

Nissens Engagement, seine Profession als Ingenieur (Peter

Die Fans sind mächtig gespannt auf ihn. Nach seinem Leihjahr bei Hansa Rostock werden Aaron Opoku große Fortschrit­te bescheinig­t, die der Flügelstür­mer nun beim HSV unter Beweis stellen will. Der 21-Jährige kommt nicht nur mit ganz viel Selbstvert­rauen in den Volkspark zurück – sondern auch frisch tätowiert.

Am Sonnabend ließ sich Opoku ein neues Kunstwerk auf seinen linken Oberschenk­el tätowieren und posierte damit stolz auf Instagram. Der gebürtige Hamburger, der in Billstedt aufwuchs, entpuppte sich dabei als großer MangaFan. „Godspeed“heißt die Figur aus der japanische­n Comic-Welt, die über Superkräft­e verfügt. Beweglichk­eit und Schnelligk­eit sind die Attribute, die sie auszeichne­n. Passt zu Opoku, dessen Stärken auf dem Platz vor allem im Dribbling liegen.

Zeigen soll er das beim HSV ab übernächst­er Woche. Dann stehen die ersten Trainingse­inheiten im Volkspark an. Für Opoku geht es darum, nun auch in Hamburg nachzuweis­en, was er in Rostock andeutete: dass er das Zeug dazu hat, dem HSV in der Zweiten Liga zu helfen.

Die nicht immer unkomplizi­erten Verläufe seiner Tätowierun­g dürfte er bis dahin so oder so in den Griff bekommen haben. Das war in der Vergangenh­eit nicht bei jedem HSVProfi der Fall. 2011 ließ sich Eljero Elia mitten in der Saison den Brustberei­ch verzieren. Die Wunde entzündete sich, Elia fiel erst mal aus – und gab später an, er habe sich am Knöchel verletzt. Opoku wird das nicht passieren, er war rechtzeiti­g dran. Schnelligk­eit ist halt sein Ding.

Gerade mal dreieinhal­b Wochen ist es her, da saßen sie noch zusammen an einem Tisch und diskutiert­en über mögliche Neuverpfli­chtungen für den HSV. Nun ist Dieter Hecking zu Jonas Boldts Gegenspiel­er geworden. Aus dem früheren Hamburger Trainer wird der Sportvorst­and des 1. FC Nürnberg – und für den HSV damit zugleich ein Konkurrent auf dem Transferma­rkt.

Noch sind die Verträge nicht unterschri­eben, klar ist jedoch schon, was drinstehen soll. Hecking wird einen Dreijahres­vertrag beim Club erhalten und sattelt damit um. Nach 20 Jahren als Trainer nun die Vorstandse­bene. Damit wird der 55-Jährige zum Gegenspiel­er von seinem 17 Jahre jüngeren HSV-Pendant Boldt.

Eine Personalie, die durchaus Brisanz in sich birgt. Im Volkspark ist man sich der Tatsache bewusst, dass Hecking gerade nach den intensiven Gesprächen der vergangene­n ein, zwei Monate ziemlich genau über die Transferpl­anungen des HSV Bescheid weiß. Denn da ging es ja noch um eine mögliche Weiterbesc­häftigung Heckings als Trainer, nachdem sein Vertrag aufgrund des Nichtaufst­iegs ausgelaufe­n war. Schnappt

Sportvorst­and Hecking dem HSV und Boldt nun Spieler weg?

Möglich ist es. Denn beide Vereine fischen in ziemlich gleichen Gewässern. Der FCN, der sich nach einer schlimmen Saison erst in der Nachspielz­eit der Relegation gegen Ingolstadt (2:0/1:3) vor dem Abstieg rettete, will künftig wieder in der Spitze der Zweiten Liga mitmischen. Dort sieht sich auch der HSV, wenngleich das Ziel Aufstieg nach zwei vergeblich­en Anläufen diesmal nicht mehr offensiv formuliert werden soll.

Immerhin: Dass Leistungst­räger des HSV-Kaders trotz Verträge nach

Hecking aktuellen laufender Nürnberg locken kann, ist eigentlich ausgeschlo­ssen. Weil der HSV diesbezügl­ich in Sachen Perspektiv­e und Bezahlung doch die besseren Argumente auf seiner Seite hat. Anders könnte es auf dem freien Transferma­rkt aussehen, wenn beide Vereine um einen Spieler buhlen.

In Kürze legt Hecking in Nürnberg richtig los. Zunächst will er einen neuen Trainer verpflicht­en (Markus Weinzierl und Dimitrios Grammozis gelten als Kandidaten), dann einen neuen Sportdirek­tor, der unter ihm arbeiten wird. ExHannover-Manager Jan Schlaudraf­f und der frühere Paderborn-Boss Martin Przondzion­o sollen diesbezügl­ich kein Thema mehr sein. Sobald Heckings Team steht, dürften Nürnberg und der HSV auf dem Transferma­rkt zu Rivalen werden.

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Aus Verbündete­n werden nun Gegner: HSV-Sportvorst­and Jonas Boldt (Mitte), Sportdirek­tor Michael Mutzel (r.) und Dieter Hecking.
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