So groß ist das Risiko am Strand und im Park
Viele Hamburger zieht es am Wochenende raus ans Meer, in Parks und an die Seen – doch wie sollte man sich angesichts der steigenden Covid-19-Neuinfektionen verhalten?
Erneut mehr als 1000 Corona-Fälle in der Bundesrepublik, 80 Neuinfektionen in Hamburg – die Zahlen steigen wieder deutlich an. Gleichzeitig ist das Wetter richtig gut. Den Hamburgern steht ein Hitze-Wochenende bevor. Heißt: Die Menschen wollen raus, sich am Elbstrand treffen, an die Ostsee fahren. Viele Hamburger fragen sich: Wie verhalte ich mich eigentlich richtig?
Die Zahlen, die das RobertKoch-Institut (RKI) am Freitag herausgegeben hat, klingen beunruhigend: 1147 nachgewiesene Neuinfektionen mit dem Coronavirus bundesweit, in Hamburg sind es 80 Fälle – der höchste Wert seit dem 18. April. Und das zu Beginn eines Hitze-Wochenendes, an dem es viele an die Seen und Küsten, aber auch in den Hamburger Stadtpark und ans Elbufer zieht. Sollte man auf den Ausflug an die Ostsee, Nordsee oder an einen Badesee also lieber verzichten?
„Nein“, sagt Virologe Prof. Andreas Podbielski vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene (IMIKRO) der Universität Rostock. „Wenn der empfohlene Mindestabstand von 1,50 Metern eingehalten wird, spricht nichts gegen einen Besuch am Strand.“
Trotzdem sind die Gemeinden beispielsweise an den Ostseestränden nervös, fürchten sich vor großen Besucherstürmen und potenziellen Corona-Ausbrüchen. So hat nun zum Beispiel die Gemeinde Timmendorfer Strand die Strandampel eingeführt, die auf strandticker.de eingesehen werden kann und anzeigt, wann ein Strandabschnitt voll ist.
Schon am frühen Donnerstagnachmittag stand die Ampel für die meisten Strandabschnitte von Timmendorfer Strand auf Rot.
Die stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde, Melanie Puschaddel-Freitag, sagte dem NDR bereits am Mittwoch, dass keine Tagesgäste mehr aufgenommen werden können. Die Kapazitätsgrenzen auf Parkplätzen und am Strand seien erreicht. Die Gemeinde ruft deshalb alle Tagestouristen auf, vorerst nicht mehr nach Timmendorf zu kommen.
Maßnahmen wie in Büsum oder auf Helgoland, wo in verschiedenen Straßen zu bestimmten Uhrzeiten Maskenpflicht herrscht, hält Virologe Podbielski für „eine Möglichkeit, das Infektionsrisiko noch weiter zu minimieren“. Zwingend notwendig seien sie jedoch nicht. „Um sich draußen anzustecken, muss man schon direkt die ausgeatmete Luft des Gegenübers einatmen.“
Eine Gefahr sieht der Virologe eher woanders. „In öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Infektionsrisiko durchaus erhöht.“Gerade in überhitzten Bussen könnte das an diesem Wochenende zu einem Problem werden, „da aufgrund der Temperaturen häufiger ein- und ausgeatmet wird“. Podbielski rät dazu, lieber auf das Fahrrad oder – wenn nicht anders möglich – auf das private Auto zurückzugreifen.
Vorsicht ist also immer noch geboten, aber muss man sich ernsthafte Sorgen machen? „Es gibt zwar mehr
Neuinfektionen, aber die Zahl der schwer erkrankten Patienten ist immer noch vergleichsweise gering. Ich bekomme nichts davon mit, dass besonders viele Infizierte auf den Intensivstationen landen“, sagt Podbielski.
Ähnlich sieht es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der anlässlich der Nachricht über die 1000 Neuinfektionen im ZDF erklärte: „Im Moment sind wir in jedem Fall noch in einer Grö
ßenordnung, mit der das Gesundheitswesen und der öffentliche Gesundheitsdienst umgehen kann.“
Der Anstieg der Neuinfektionen erklärt sich durch die vielen Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten. Parallel dazu gehen in den Bundesländern die Sommerferien nach und nach zu Ende – und trotz unterschiedlichster Schutzmaßnahmen treffen viele Schüler auf engstem Raum aufeinander – ein zusätzliches Risiko. In MecklenburgVorpommern
wurde am Freitag bekannt, dass bereits nach wenigen Tagen zwei Schulen wegen Coronafällen vorerst wieder schließen müssen.
Virologie Podbielski sieht die Schulöffnung dennoch positiv: „Ich bin dafür, dass sie weiterhin geöffnet bleiben. Infektionen bei Lehrerinnen und Lehrern konnten bisher hauptsächlich auf das private Umfeld zurückgeführt werden. Es ist für die Schüler auch aus psychologischen Gründen wichtig, dass sie wieder einen geregelten Schulalltag haben.“
Der Virologe hat ohnehin eine Empfehlung, wie künftig gesellschaftlich mit dem Virus umgegangen werden sollte: „Wir können ja nicht ewig vor dem Coronavirus hocken wie das Kaninchen vor der Schlange und in Schreckstarre verfallen, wenn wir das Wort Covid hören. Machen wir uns nichts vor: Dieses Virus wird noch lange in unserer Gesellschaft bleiben.“
Wir können ja nicht ewig vor dem Coronavirus hocken wie das Kaninchen vor der Schlange.