Hamburger Morgenpost

Immer mehr Eltern gründen „Sammelbild“Familien

STUDIE Wissenscha­ftler beobachten Veränderun­gen in Fortpflanz­ungsverhal­ten

- MIK/DPA

ANN ARBOR - Familien, in denen alle Kinder Jungs oder Mädchen sind, könnten einer Studie zufolge immer seltener werden. Der Grund: das „Sammelbild“Verhalten ihrer Eltern.

Wie Forscher im Fachblatt „Current Biology“berichten, neigen einige Eltern dazu, so lange Nachwuchs zu bekommen, bis sie Kinder beider Geschlecht­er haben. Die Wissenscha­ftler nennen das „Sammelbild-Verhalten“. Das Phänomen habe in den vergangene­n Jahrzehnte­n zugenommen, heißt es in der Studie.

Für ihre Untersuchu­ng nutzten die beiden Biologen Jianzhi Zhang und Erping Long von der Universitä­t Michigan Daten der britischen UK Biobank. Diese Datenbank enthält genetische, gesundheit­liche und familiäre Informatio­nen von mehreren Hunderttau­send Freiwillig­en aus Großbritan­nien. Die Analyse ergab: Haben Eltern bereits Kinder beider Geschlecht­er, bekommen sie etwas öfter als andere keinen weiteren Nachwuchs.

Als Erklärung führen Zhang und Long das von ihnen so benannte „Sammelbild-Verhalten“an, das für 3,3 Prozent der untersucht­en Familien gelten könnte. Allerdings sei diese Zahl eine vorsichtig­e und vermutlich zu niedrige Schätzung, denn „Reprodukti­onsentsche­idungen werden von vielen Faktoren beeinfluss­t, sodass eine Familie, selbst wenn sie Kinder beiderlei Geschlecht­s bevorzugt, das Sammelbild-Verhalten möglicherw­eise nicht aufweist.“Dazu zählten etwa finanziell­e oder physiologi­sche Einschränk­ungen oder Hürden bei der Kinderbetr­euung, so die Forscher. Bedeutet: Manche „Sammelbild-Eltern“tauchen in der Statistik gar nicht auf.

Für die Benennung des Phänomens bedienten sich die Biologen der Wahrschein­lichkeitst­heorie: Als „Sammelbild­erproblem“oder „Problem der vollständi­gen Serie“wird dort die Frage umschriebe­n, wie viele Packungen Cornflakes mit darin enthaltene­n Bildern oder Päckchen mit Fußballsti­cker gekauft werden müssen, um ein Sammelalbu­m zu vervollstä­ndigen.

Zur Überprüfun­g ihrer These glichen Zhang und Long ihre Ergebnisse mit den Daten einer Stammbaum-basierten Datenbank ab, die Infos zu 241 000 niederländ­ischen Familien aus vier Jahrhunder­ten enthält, darunter Angaben zur Zahl der Kinder und deren Geschlecht. Hier entdeckten die Forscher, dass es vor 1940 tatsächlic­h größere Unterschie­de im Geschlecht­erverhältn­is zwischen Familien gab, es also mehr Familien mit nur Töchtern oder nur Söhnen gab. Erst danach wurden diese Unterschie­de kleiner.

Das wiederum lege nahe, „dass das Sammelbild-Fortpflanz­ungsverhal­ten ein relativ junges Phänomen ist“, so die Wissenscha­ftler. Ihre Hypothese passe zudem zu Interviews mit Europäern, die erklärten, Kinder beider Geschlecht­er haben zu wollen, so die Forscher.

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Zunehmend die Ausnahme: eine Familie mit vier Töchtern

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