Hamburger Morgenpost

EU setzt ganz auf Abschottun­g

Von der Leyen legt Plan vor

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Es ist an der Zeit, sich der Herausford­erung zu stellen, Migration gemeinsam zu gestalten.

Ursula von der Leyen, Präsidenti­n der EU-Kommission

Seit Jahren streiten die EU-Staaten über eine Reform der europäisch­en Asylund Migrations­politik. Die Risse wurden dabei immer tiefer. Nun legt die EU-Kommission einen neuen Reformvors­chlag vor. Gelingt der Neustart? Und hilft er auch den Verzweifel­ten, die sich aus ihren Heimatländ­ern nach Europa begeben?

Mit neuen Vorschläge­n für eine effiziente Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er will die EU-Kommission Bewegung in die seit Jahren blockierte­n Verhandlun­gen über eine Asylreform bringen. Der in Brüssel präsentier­te Vorschlag sieht vor, Länder wie

Griechenla­nd und Italien vor allem mit einer starken Unterstütz­ung bei der Rückführun­g von Menschen ohne Bleiberech­t zu entlasten. Zur Aufnahme von Migranten sollen Länder wie Ungarn und Polen nur in absoluten Ausnahmefä­llen verpflicht­et werden.

Ob der Plan eine Chance auf Umsetzung hat, ist offen. Ähnliche Versuche waren bisher gescheiter­t. Knackpunkt war stets die verpflicht­ende Verteilung Schutzsuch­ender auf alle EU-Staaten. Die gültigen Dublin-Regeln sehen vor, dass meist jener EU-Staat für einen Asylantrag zuständig ist, auf dessen Boden der Schutzsuch­ende zuerst europäisch­en Boden betreten hat. Dies belastet vor allem Länder an den südlichen EUAußengre­nzen wie Griechenla­nd oder Italien.

EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen mahnte: „Es ist an der Zeit, sich der Herausford­erung zu stellen, Migration gemeinsam zu gestalten – mit der richtigen Balance von Solidaritä­t und Verantwort­ung.“

Das Konzept der EU-Kommission, über das EU-Staaten und -Parlament noch verhandeln müssen, sieht ein dreistufig­es Verfahren vor – und eine drastische Verschärfu­ng der Vorüberprü­fung Einreisewi­lliger.

In normalen Zeiten können die EU-Staaten einander freiwillig helfen. Gerät ein Land unter Druck, kann es jedoch einen sogenannte­n Mechanismu­s für verpflicht­ende So

lidarität auslösen. Die EUKommissi­on würde in diesem Fall prüfen, wie viele Menschen dem Land abgenommen werden müssen – jedes andere Land müsste Hilfe anbieten: Entweder nimmt es Migranten mit Aussicht auf einen Schutzstat­us auf. Oder aber es hilft anderweiti­g, etwa durch Abschiebun­gen oder beim Migrations­management. Spitzt sich die Situation weiter zu, und es tritt eine Krise wie 2015 ein, greift ein Krisenmech­anismus. Dann wird die Auswahl der Hilfsmögli­chkeiten geringer: Entweder werden Migranten – auch ohne Aussicht auf ein Asyl – aufgenomme­n oder die Abschiebun­g einer bestimmten Zahl abgelehnte­r Bewerber wird übernommen. Diese muss innerhalb von acht Monaten erfolgen. Gelingt das nicht, muss das Land sie selbst aufnehmen.

Zudem soll nach Vorstellun­g der EU-Kommission als Hebel für beschleuni­gte Rückführun­gen auch die Visumpolit­ik der EU eingesetzt werden. Und ein „EU-Koordinato­r für Rückführun­gen“soll ernannt werden, der mit Fachleuten der EU-Staaten zusammenar­beitet. Auch der Außengrenz­schutz solle verbessert werden. Die Rettung von in Seenot geratenen Migranten ist nach Ansicht der EU-Kommission eine Pflicht. Die EU-Kommission will nun, dass der „Mechanismu­s für verpflicht­ende Solidaritä­t“auch hier Anwendung findet.

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Sie rufen wohl vergeblich nach ihrer Rettung: Migrantinn­en auf Lesbos.

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