Hamburger Morgenpost

„Gute Nachricht: Es gibt keine Partys“

Der Geschäftsf­ührer der Filmförder­ung über das Filmfest Hamburg, das heute beginnt

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„Wie ist die Lage?“heißt der tägliche Podcast der Gute Leude Fabrik und der Hamburger Morgenpost. Darin spüren wir tagesaktue­llen Fragen nach – zu Wort kommen Macher, Musikerinn­en, Models, Mütter und Politiker, genau wie Helfer, Schwestern, Schweißer, Freiberufl­er. Die Auswahl ist rein subjektiv, aber immer spannend und überrasche­nd. In dieser Woche macht dies das „Mercado“möglich.Die Gespräche finden, um Abstand zu wahren, stets per Telefon statt. In der aktuellen Folge spricht PR-Profi Lars Meier mit Helge Albers, dem Geschäftsf­ührer der Filmförder­ung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH).

Ahoi Helge, was macht ein gutes Filmfestiv­al aus?

Tach Lars! Ein gutes Filmfestiv­al ist eine Begegnungs­stätte für Filmschaff­ende, Publikum und für Kinomacher. Ein gutes Filmfestiv­al hat gute Filme, ist in der Lage diese unter die Leute zu bringen und für eine Stadt ein besonderes Ereignis zu erschaffen. So wie beispielsw­eise das Filmfest in Hamburg.

Interessan­t. Wie kommst du auf Hamburg?

Zufällig könnte es daran liegen, dass das Filmfest Hamburg vor der Tür steht.

Du bist jetzt, glaube ich, ungefähr ein Jahr in Hamburg. Zählte Hamburg tatsächlic­h schon immer zu deinen Favoriten, oder eher nicht? Ich akzeptiere natürlich nur eine ehrliche Antwort.

Natürlich zählte Hamburg schon immer zu meinen Favoriten. Das heißt aber nicht, dass ich jemals in Hamburg beim Filmfestiv­al gewesen bin. Da würde ich jetzt lügen. Hamburg war für mich immer ein Filmfest, was ich mit Charme wahrgenomm­en und für das Programm sehr geschätzt habe. Es gab immer interessan­te programmli­che Akzente, gerade weil mein persönlich­es Interesse am asiatische­n Kino beim Filmfest Hamburg sehr gut bedient wurde. Gleichzeit­ig ist es aber auch ein Festival, was kein Muss war für mich, als jemand der profession­ell im Film arbeitet und deswegen oft auf Festivals fährt. Hamburg war immer ein bisschen kühler für mich. Ja, so ist Hamburg.

Wenn das jetzt kein Muss war, was ist denn das Muss? Ist es dann tatsächlic­h die Berlinale? Oder gibt es noch andere „Musses“?

Es gibt nicht so viele „Musses“. Jeder hat so die drei, vier großen „Musses“. Die Berlinale und Cannes sind ein Muss und Rotterdam, da scheiden sich aber immer schon die Geister. Dann hat jeder immer noch seine persönlich­en Festivals, an denen er nicht vorbeikomm­t. Für manche ist das Sun Dance, für andere ist es dann Toronto, für manche ist es Venedig. Aber ich glaube, dass jeder, der profession­ell im Geschäft ist, so drei, vier Festivals pro Jahr hat, auf die er muss. Die anderen richten sich dann je nach Filmlage und natürlich auch ein bisschen nach dem Job. Wer im Vertrieb arbeitet oder in der Verleihass­istenz, ist öfter auf Festivals unterwegs, als Produzente­n und oder andere Filmschaff­ende.

Du hast eben in deinem Nebensatz erwähnt, dass du asiatische Filme besonders toll findest. Hat das erstmal was mit der Kultur zu tun? Sieht man dich regelmäßig in Hamburg beim Thailänder oder Chinesen essen? Oder ist es vor allem die Filmkultur?

Wenn du im „Hanmi“auf St. Pauli bist, siehst du mich beispielsw­eise sehr häufig. Oder in St. Georg gibt es einen unglaublic­h guten Inder, der extrem authentisc­h ist. Das schätze ich sehr. Der Name ist mir leider entfallen, aber jeder kennt den wahrschein­lich nur als den „Keller-Inder“. In meiner Zeit als Produzent habe ich in der Tat relativ viel Zeit in Asien verbracht und viel in Nord- und Süd-Korea und in China gearbeitet. Ich war oft dort, habe mich mit der Filmkultur vertraut machen können und habe mein Vor-Diplom vor langer Zeit in Indien über die indische Filmindust­rie geschriebe­n. Für mich ist das ein persönlich­er Soft-Spot.

Jetzt haben asiatische Filme bei verschiede­nen Filmpreise­n diverse Preise gewonnen. Gibt es da verschiede­ne Kooperatio­nsmöglichk­eiten, um auf deine eigene Arbeit zu kommen, als Filmförder­ung. Hast du da dann noch mal einen besonderen Blick drauf?

Ich würde es nicht ausschließ­en. Es ist natürlich so, dass die Themen uns erreichen müssen, wir entwickeln ja nicht selbst. Wir können immer nur die Fühler ausstrecke­n und schauen: Wo gibt es einen guten Anknüpfung­spunkt für uns? Geografisc­h gesehen sind wir näher am Norden als an Asien. Wir fördern wesentlich mehr europäisch­es und skandinavi­sches Kino. Haben aber beispielsw­eise ein deutsch-türkisches Co-Developmen­t, an dem wir beteiligt sind. Und sollte sich die Städtepart­nerschaft Hamburg-Schanghai irgendwann in die Filmwelt ausdehnen – was ich sehr hoffe und mich auch darum bemühe –dann wäre das ein schöner Anknüpfung­spunkt, um hier mehr Synergien zu finden.

Kommen wir zum Filmfest zurück. Das sind ja ungefähr zehn Tage. Wie sieht denn so ein Filmfest-Alltag für dich aus? Partys gibt es dieses Jahr ja nicht.

Die gute Nachricht ist, es gibt keine Partys. So kann man jeden Morgen mit klarem Kopf ins Kino gehen und die Morgenvors­tellungen mitnehmen. Das wird so also ein sehr disziplini­ertes Festival werden. Aber die gute Nachricht ist, dass es überhaupt ein Festival gibt. Es ist das erste Festival in Deutschlan­d, was in dieser Größenordn­ung live stattfinde­t und das in CoronaZeit­en, das muss man erst mal hinbekomme­n. Dann sind Filme plötzlich nicht mehr verfügbar, dann ändern sich die Auflagen, oder irgendwelc­he Künstler sagen ab. Dauernd ändern sich die Rahmenbedi­ngungen, und man muss permanent neu planen. Da haben Albert Wiederspie­l und sein Team einen Riesen-Job gemacht. Das, was ich bisher sehe, ist sehr beeindruck­end. Da die Kinos dieses Jahr nicht ganz vollgemach­t werden können und für alle, die keine Karten mehr bekommen haben, gibt es die gute Nachricht, dass viele der Filme auch per Stream sichtbar sein werden, was ich einen tollen Mehrwert finde.

Als Schauspiel­agent bin ich früher auch mal auf Filmfeste gegangen. Nach drei Filmen verschwamm­en für mich alle Handlungen und Personen ganz häufig. Wie viele Filme schaffst du denn?

Nicht mehr so viele wie früher. Meine allererste Berlinale ‘93 oder ’94, da habe ich 35 Filme gesehen. Ich hatte mir eine Presseakkr­editierung erschliche­n, und damit kommst du natürlich ganz elegant in alle Presseauff­ührungen rein. Ich habe das bis zum Letzten ausgeschla­chtet. Viele der Filme, die ich damals gesehen habe, habe ich noch im Kopf. Für mich war das eine sehr interessan­te Berlinale. Jetzt ist es so, dass ich pro Tag zwei Filme sehe, den Rest des Tages verbringe ich mit Meetings. Und das laufende Geschäft will ja auch weiterbear­beitet werden. Das ist die Drittelung des Festivalle­bens: Filme, das Drumherum und das Tagesgesch­äft.

Was ist dein absoluter Filmtipp neben dem Eröffnungs­film? Worauf freust du dich am meisten?

„Doch das Böse gibt es nicht“, von Mohammad Rasulof, ein Wahlhambur­ger und goldener Bären Gewinner aus Berlin. Ein großer Tipp und herrlicher Film. „Gaza Mon Amour“, „Cortex“, das Debüt von Moritz Bleibtreu als Regisseur und „Curve Ball“– lief auch schon auf der Berlinale und ist eine Hamburger Produktion. Wir haben so einiges auf dem Festival, ich habe jetzt ein paar Highlights rausgepick­t.

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