Hamburger Morgenpost

ATOMMÜLL-ENDLAGER GESUCHT Darum steht Hamburg noch auf der Liste

Gorleben ist aus dem Rennen, aber 90 Gebiete in Deutschlan­d sind geeignet – darunter auch ein Teil von Hamburg

- SIMONE PAULS simone.pauls@mopo.de

Es geht um den Zeitraum von bis zu einer Million Jahre. So lange soll Atommüll sicher gelagert werden. Aber wo? Niemand möchte so ein Lager in seiner Nachbarsch­aft haben, aber irgendwo muss es ja hin. Gestern hat die „Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g“90 Gebiete in Deutschlan­d als grundsätzl­ich geeignet vorgestell­t. Der Salzstock Gorleben ist nicht mehr dabei – dafür andere Gebiete in Norddeutsc­hland, darunter auch Hamburg.

Es geht um rund 1900 CastorBehä­lter mit etwa 27 000 Kubikmeter­n Atommüll, für die nach dem Atom-Ausstieg Ende 2022 für sehr lange Zeit ein sicherer Verbleib gefunden werden muss.

Drei Jahre lang haben 70 Wissenscha­ftler der „Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g“(BGE) geologisch­e Daten über den Untergrund in ganz Deutschlan­d gesammelt. Vor allem suchten sie dabei nach Salz, Ton oder Granit. Diese Steinforma­tionen sind besonders geeignet, um Atommüll über einen sehr langen Zeitraum sicher zu lagern.

Der Bericht listet alle Regionen auf, die die geologisch­en Voraussetz­ungen als Endlager hätten. Insgesamt sind es 90, sie weisen 54 Prozent der Landesfläc­he als Teilgebiet­e aus.

Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg ist demnach als mögliches Endlager nicht mehr dabei. Das Städtchen anderthalb Stunden von Hamburg entfernt gilt als Symbol der Anti-AtomkraftB­ewegung und war eines der ersten Zwischenla­ger in Deutschlan­d. Begründung: Unter anderem weise der Salzstock ein nicht intaktes

Deckgebirg­e vor, auch die Gewässerch­emie spreche gegen den Standort.

Dort herrscht nun große Freude. Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisati­on „.ausgestrah­lt“sagt: „Ein 43 Jahre alter Fehler wurde endlich geheilt. Die geologisch­en Mängel des Salzstocks in Gorleben sind schon lange bekannt. Mit dem heutigen Tag werden diese nun auch offiziell bestätigt. Dieser Erfolg wäre ohne den unermüdlic­hen Widerstand nicht möglich gewesen.“

1977 hatte Niedersach­sens damaliger Ministerpr­äsident Ernst Albrecht (CDU) Gorleben als möglichen künftigen Standort für ein zentrales Nukleares Entsorgung­szentrum für abgebrannt­e Brenneleme­nte benannt – inklusive Endlager. Binnen Wochen firmierte sich heftiger Widerstand

gegen die Pläne, der über Jahrzehnte andauerte.

In dem neuen Bericht wäre auch Hamburg als Standort geeignet. Im Osten der Stadt gebe es dafür geeignetes Tongestein.

Das Teilgebiet mit Hamburg umfasst auch die Bundesländ­er Niedersach­sen, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenbur­g-Vorpommern, Brandenbur­g, Berlin und Sachsen-Anhalt und ist insgesamt knapp 63 000 Quadratkil­ometer groß.

Was sagt die Umweltbehö­rde dazu, dass Hamburg auf der Liste der Endlager-Kandidaten auftaucht? „Dieser Bericht ist eine erste grobe Eingrenzun­g, die nur auf geologisch­en Kriterien fußt. Aspekte wie Bevölkerun­gsdichte und die Nähe zu Schutzgebi­eten werden in den nächsten Schritten berücksich­tigt“, sagt Sprecher Jan Dube.

Manfred Braasch, Chef der Umweltschu­tzorganisa­tion BUND in Hamburg, glaubt nicht, dass die Stadt tatsächlic­h Standort eines Endlagers wird. „Das ist ja bislang nur Theorie. Dass Hamburg im weiteren Verfahren eine Rolle spielen wird, kann ich mir nicht vorstellen. So ein Lager müsste entspreche­nd abgesicher­t werden. Wie das in einer bevölkerun­gsreichen Stadt wie Hamburg geschehen soll, da fehlt mir die Fantasie. Außerdem gäbe es dagegen großen Widerstand.“

So geht es nun weiter: In den kommenden Jahren werden mögliche Standorte nach und nach eingegrenz­t, ein Kriterium ist die Bevölkerun­gsdichte. Bis ein atomares Endlager entsteht, wird noch sehr viel Zeit vergehen. 2031 soll der Standort gefunden sein, ab 2050 dort Behälter mit dem strahlende­n Müll eingelager­t werden.

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 ??  ?? Gorleben: Bergleute gehen durch das ehemalige Erkundungs­bergwerk.
Gorleben: Bergleute gehen durch das ehemalige Erkundungs­bergwerk.
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 ??  ?? Das Kernkraftw­erk Stade befindet sich immer noch im Rückbau.
Das Kernkraftw­erk Stade befindet sich immer noch im Rückbau.
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 ??  ?? Die Behälter mit dem Strahlenmü­ll brauchen einen sicheren Lagerort.
Die Behälter mit dem Strahlenmü­ll brauchen einen sicheren Lagerort.

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