Die Krux mit der Corona-App
DIGITALES SORGENKIND Millionen Deutsche nutzen die Nachverfolgung per Handy – doch was bringt das wirklich? Ein Überblick
Die Corona-Zahlen in der Hansestadt steigen, die Nachverfolgung der Kontakte wird für die Gesundheitsämter schwieriger. Gerade jetzt könnte die Corona-Warn-App helfen. Doch was bringt sie wirklich? Und was soll man tun, wenn Risikobegegnungen angezeigt werden? Hier gibt es die wichtigsten Antworten. ➤ Was bringt die App wirklich?
Durch die Corona-Warn-App soll die Nachverfolgung von Kontakten vereinfacht werden – dafür werden über Bluetooth zwischen zwei Smartphones Zahlen-IDs ausgetauscht. Dieser sogenannte digitale Handschlag wird für 14 Tage gespeichert. Auch die Dauer des Kontakts und der Abstand zwischen den Smartphones werden erfasst – für die Risikoermittlung ist das wesentlich. Auch die Messung der Signalstärke trägt dazu bei. Ein Beispiel: Sind zwei Personen zwar nah beieinander, dabei allerdings durch eine Wand getrennt, registriert die App die dadurch schwächere Signalstärke. Hier ist das Risiko, sich anzustecken, gering.
➤ Wie werden die Risikostufen errechnet?
In der App wird mit einem grünen Feld auf ein „niedriges Risiko“hingewiesen, sich angesteckt zu haben, und mit einem roten Feld auf ein „erhöhtes Risiko“. Die Berechnung der Risikostufe erfolgt auf dem Smartphone des jeweiligen Nutzers. Die Risikostufe errechnet sich aus dem vermuteten Übertragungsrisiko, das bei der positiven Person bestand, der Dauer des Kontaktes, dem Abstand der Personen und daran, wie lange die Begegnung zurückliegt.
➤ Was soll ich tun, wenn ich eine Warnung erhalten habe?
Bei einer erhöhten Risikoeinstufung sollte man nach Möglichkeit zunächst zu Hause bleiben und sich mit dem Hausarzt, dem ärztlichen Bereitschaftsdienst unter 116 117 oder dem Gesundheitsamt besprechen. Durch eine Warnmeldung der App allein ergibt sich aber kein Anspruch auf einen Corona-Test und es besteht auch keine Pflicht, sich in Quarantäne zu begeben oder die Warnung zu melden. Bei der Meldung „Niedriges Risiko“mit keinen Risikobegegnungen sollte man weiterhin die gängigen Abstands- und Hygieneregeln einhalten und Masken tragen. Einige Hamburger kennen es aber vermutlich schon: Die App zeigt eine oder mehrere Risikobegegnungen an und die Risikostufe ist weiterhin niedrig. In diesen Fällen liegen Abstand und Dauer des Kontakts unter den vom Robert-Koch-Institut (RKI) definierten Grenzwerten – somit wird davon ausgegangen, dass das Risiko, sich hier infiziert zu haben, sehr niedrig ist. Die Sinnhaftigkeit der Nennung dieser Risikobegegnungen ist umstritten, da Verunsicherung droht und die Nutzer keine weiteren Informationen dazu erhalten, wo die Begegnung stattgefunden hat.
➤ Was passiert mit meinen Daten?
Die App erfasst keine Standortdaten. Es werden keine persönlichen Daten an andere Smartphones weitergegeben. Die Begegnungen werden auf den einzelnen Smartphones der Nutzer gespei
➤ Wer kann die App überhaupt nutzen?
Die App läuft auf Smartphones ab dem iPhone 6s und iOS 13.5, bei Android-basierten Smartphones ab Android 6 und kann im Google-Playstore oder beim Apple App-Store runtergeladen werden. Außerdem benötigen die Smartphones Bluetooth.
➤ Was soll ich tun, wenn ich getestet wurde?
Wurde man mit einem PCRTest getestet, kann man das Ergebnis über die App mit einem QR-Code einholen, wenn das Testlabor technisch an die App angebunden ist und man sich entsprechend registriert hat. Ein gravierender Mangel der App: Im August konnte nur rund die Hälfte aller Labore das Testergebnis darüber teilen, die Anbindung der Labore wird aber weiter ausgebaut. Liegt ein positives Testergebnis vor, kann man sich freiwillig entscheiden, dieses Ergebnis zu teilen. Solange man noch auf ein Testergebnis wartet oder wenn man ein negatives Testergebnis bekommen hat, braucht man nichts weiter zu tun. Auch positive Testergebnisse, die länger als 14 Tage zurückliegen, werden nicht in die App eingetragen, weil die Inkubationszeit, in der man potenziell ansteckend war, schon zu Ende ist.
➤ Was wird an der App kritisiert?
Gerade für ältere Menschen, die zur Risikogruppe gehören, ist die App schwer zugänglich und nutzbar, denn viele von ihnen haben gar kein Smartphone. In den vergangenen Wochen hatten sich jedoch überwiegend zwischen 20- und 39-Jährige mit dem Virus infiziert – in dieser Altersgruppe kann die App ein praktisches Hilfsmittel sein. Die Nutzung der App ist freiwillig und es findet kein Datenaustausch mit den Gesundheitsämtern statt. Das freut Datenschützer, für die tägliche Arbeit der Gesundheitsämter spiele die App daher aber auch kaum eine Rolle, erklärt die Verbandsvorsitzende der Amtsärzte, Ute Teichert, der MOPO.
➤ Hilft die App überhaupt bei der Bekämpfung der Pandemie?
Der Vorteil der App ist eine schnelle Benachrichtigung von Menschen, die einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt waren. Rund 19,3 Millionen Menschen haben die App runtergeladen, Schätzungen zufolge nutzen sie 15 bis 16 Millionen. Unbekannt ist, wie viele Menschen schon durch die App gewarnt wurden, denn wegen des dezentralen Ansatzes gibt es dazu keine Daten.
➤ Was soll noch verbessert werden?
Theoretisch funktioniert die deutsche App auch im Ausland, arbeitete bislang aber nicht zwangsläufig mit den anderen Warn-Apps zusammen. Über eine neue Schnittstelle soll nun aber der Datenaustausch der verschiedenen Warn-Apps aus elf EU-Staaten ermöglicht werden. Die Staaten sind Deutschland, Österreich, Tschechien, Dänemark, Estland, Irland, Italien, Lettland, die Niederlande, Polen und Spanien. Außerdem sollen in der nächsten Version der App, die am Montag erscheint, positiv getestete Personen freiwillig angeben können, ab wann sie Symptome hatten. So könne präziser eingeschätzt werden, wie infektiös die Person zum Zeitpunkt der Begegnung war, so das RKI zur MOPO.