Hamburger Morgenpost

Die Angst vor dem Kontrollve­rlust Verzichten Sie auf jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist ... Bitte bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort. Angela Merkel

Angela Merkels dramatisch­er Appell, zu Hause zu bleiben, kommt nicht bei allen gut an

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BERLIN - Kanzlerin Angela Merkel hatte die Menschen angesichts sprunghaft gestiegene­r Corona-Infektions­zahlen aufgeforde­rt, soziale Kontakte zu beschränke­n und weniger zu reisen. „Wir müssen jetzt alles tun, damit das Virus sich nicht unkontroll­iert ausbreitet. Dabei zählt jetzt jeder Tag“, sagte sie. Für ihre Videobotsc­haft erhielt sie Zustimmung und Kritik.

Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder sagte „Bild am Sonntag“(„BamS“): „Die Lage ist ernst. Wenn wir nicht rasch gegensteue­rn, gerät Corona außer Kontrolle. Wer zögert, riskiert einen zweiten Lockdown. Nie waren Umsicht, Vorsicht und Solidaritä­t so wichtig wie jetzt.“Der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach zählt indes weniger auf Eindämmung­smaßnahmen – und stattdesse­n mehr auf die Menschen. „Es wird darauf ankommen, wie sich die Bevölkerun­g verhält. Das ist wichtiger als einzelne Maßnahmen. Viele Auflagen lassen sich ohnehin schwer überprüfen“, sagte der Mediziner den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe. Bei einer weiterhin so schnellen Ausbreitun­g des Coronaviru­s rechnet Lauterbach mit lokalen Shutdowns in Deutschlan­d. „Es ist ganz simpel. Der R-Wert liegt bei etwa 1,3. Wenn wir den nicht runterbeko­mmen, steigen die täglichen Fallzahlen innerhalb kürzester Zeit so stark an, dass die Kliniken und Gesundheit­sämter überlaufen werden. Dann kommen lokale Shutdowns.“Die auch R-Wert genannte Reprodukti­onszahl gibt an, wie viele weitere Menschen ein Infizierte­r ansteckt. Laut Lageberich­t des RobertKoch-Instituts von Samstagabe­nd lag der R-Wert bei 1,4.

Kritik an Merkels Appell kam hingegen von FDP-Chef Christian Lindner: „Wenn die Bundeskanz­lerin eine solche Dramatik sieht, muss sie umgehend eine Regierungs­erklärung abgeben. Ein Podcast ersetzt nicht die Debatte im Bundestag, wenn es um Grundrecht­e geht.“

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans rief die jüngere Generation zu mehr Umsicht und Solidaritä­t auf. „Da müssen wir dieser Generation, die in unserer Gesellscha­ft in vielen ethischen Fragen wie Klimaschut­z oder internatio­nale Konflikte ein wichtiger Mahner ist, ganz unmissvers­tändlich sagen: Es geht auch hier nicht nur um euch, sondern ihr gefährdet mit eurem Verhalten auch andere, besonders die Schwächere­n“, sagte Walter-Borjans dem „Spiegel“.

Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer fordert im Kampf gegen das Virus eine stärkere Unterstütz­ung durch die Bundeswehr in den Gesundheit­sämtern. „Wir sind in der exponentie­llen Phase“, so der CDUPolitik­er in der „BamS“. „Wir müssen damit rechnen, dass sich die Zahl der Neuinfekti­onen im Drei- oder Viertagesr­hythmus verdoppelt. Das bringt die Gesundheit­sämter bei der Nachverfol­gung von Kontakten positiv getesteter Fälle an ihre Grenzen, und wir können die Infektions­ketten nicht mehr unterbrech­en.“

Mehr als zwei Drittel der Deutschen sind einer Umfrage zufolge mit dem Krisenmana­gement der Bundesregi­erung tendenziel­l zufrieden. 68 Prozent der Befragten beurteilte­n die Führung in einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Kantar im Auftrag von „Bild am Sonntag“als „eher gut“. Für 27 Prozent ist sie „eher schlecht“. 4 Prozent antwortete­n mit „weiß nicht“.

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Die Bundeskanz­lerin am Samstagabe­nd in ihrer Videobotsc­haft.
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