XXL-Radpiste für Hamburgs City
Stadt verbreitert Fahrradweg auf dem Ballindamm
2,75 Meter breit sollte der breiteste Radweg in Hamburg auf dem Ballindamm mitten in der City werden. Kurz vor der Fertigstellung jetzt die große Überraschung: Die Spur wird noch einmal deutlich verbreitert – an der breitesten Stelle auf bis zu 4,75 Meter! Dafür hat die Verkehrsbehörde einige Gründe – doch es gibt auch kritische Stimmen.
Der Ballindamm an der Alster wird seit Monaten umgebaut, dort soll Hamburgs breiteste Radspur entstehen. Einst wurden Radwege in der Hansestadt mit einer Breite von etwa 1,85 Metern geplant, zuletzt mit 2,25 Metern. Mit den geplanten 2,75 Metern wollte man in Hamburg neue Maßstäbe setzen und gleichzeitig den Ballindamm zu einem Innenstadt-würdigen VorzeigeBoulevard machen.
„Die Hamburger erhalten hier an einem der schönsten Plätze der Stadt mehr
Aufenthaltsqualität und müssen nicht mehr auf parkende Autos blicken“, sagte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) Anfang Juli, als die Verkehrsbehörde und der Bezirk Mitte den XXL-Radweg ankündigten.
Jetzt wird’s sogar noch deutlich mehr als XXL: Kurz vor der offiziellen Fertigstellung der Bauarbeiten hat die Stadt den Radweg noch einmal verbreitert: In Zukunft haben Radfahrer dort im Schnitt vier Meter Platz, maximal bis zu 4,75 Meter. Die Autospur daneben, die laut den ursprünglichen Umbauplänen eine Überbreite von fünf Metern erhalten sollte, fällt jetzt schmaler aus. Zunächst hatte „Nahverkehr Hamburg“darüber berichtet.
Was sind die Gründe? Die MOPO hat bei der Verkehrsbehörde nachgefragt. „Vorrangig ging es um die Sicherheit“, sagt Pressesprecher Dennis Heinert, „wenn Radfahrer sich gegenseitig überholen, müssen sie auch den Mindestabstand zueinander einhal
ten. Da hätten die ursprünglichen 2,75 Meter nicht ausgereicht.“
Zudem könne der Individualverkehr den Jungfernstieg seit Freitag nicht mehr passieren, deshalb rechne die Behörde mit einer Abnahme des Autoverkehrs am Ballindamm. „Eine Spur für Autos ist deshalb ausreichend“, so Heinert. Gleichzeitig erwarte man einen Anstieg der Radfahrer an dieser Stelle. Tjarks sagt der MOPO: „Der Radweg ist Ausdruck und Förderung der Mobilitätswende zugleich.“
8,8 Millionen Euro kosten die 700 Meter auf dem Ballindamm.
Das Bundesverkehrsministerium fördert den Umbau mit bis zu 5,7 Millionen Euro.
Kritik kommt derweil von Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Grüne Prestigeobjekte allein machen noch keine moderne Mobilität“, sagt er auf MOPO-Anfrage. „Es ist richtig, mehr für den Radverkehr in Hamburg zu tun. Das darf dann aber nicht nur vom Rathaus bis zur Alster gehen und muss auch alle anderen Verkehrsteilnehmer berücksichtigen.“So komme der Senat beim Ausbau der Velorouten viel zu langsam voran.
Die Fahrradstadt hatten die Grünen bereits zur Bürgerschaftswahl 2015 ausgerufen. Jährlich sollten in Hamburg 50 Kilometer neue Radwege, -streifen oder Fahrradstraßen gebaut werden – dieser Wert wurde jedoch in keinem Jahr erreicht. „Die Prognose für 2020 beläuft sich auf 60 bis 80 Kilometer“, so die Verkehrsbehörde auf Nachfrage.
Auch die Velorouten sollen weiter ausgebaut und ein Radschnellwegnetz entwickelt werden. „Radschnellwege sind in besonderem Maße auf Pendlerverkehr ausgerichtet“, so die Behörde.
Ziel sei es, diese ab 2021 „auszuplanen“und zu realisieren.
Konkrete Projekte sind die noch in diesem Herbst geplante Pop-up-Bikelane auf der Max-Brauer-Allee zwischen Holstenstraße und Stresemannstraße und eine Pop-up-Bikelane zwischen Sandtor- und Brooktorkai im Frühjahr 2021. In Harburg soll in der Nähe des Bahnhofs ein Fahrradparkhaus mit 1200 Plätzen entstehen sowie die erste Protected Bike Lane Hamburgs. Dort wird zwischen Auto- und Fahrradspur eine Barriere errichtet.