Hamburger Morgenpost

Der Corona-Parteitag der Linken

Straffer Zeitplan, strenges Hygienekon­zept: Da bleibt der Inhalt auf der Strecke

- Von NICOLA NAUMANN

Sie haben Plakate aufgehängt und sie haben sich viel vorgenomme­n. „Mietendeck­el drauf “ist da in großen Lettern in der FriedrichE­bert-Halle in Heimfeld zu lesen. Oder: „Gegen CO2 hilft HVV“. Es ist der siebte Landespart­eitag der Hamburger Linken – und in der Corona-Krise soll es an diesem Wochenende auch um die ganz großen politische­n Fragen gehen. Doch am Ende stehen den Delegierte­n nicht nur die strengen Hygienereg­eln für Großversam­mlungen dieser Art im Weg. Sondern die Linken sich selbst.

Rund 125 Delegierte der fast 1800 mitglieder­starken Hamburger Partei sind gekommen.

Idealisten und Reformer, den St. Pauli-Kapuzenpul­li-Träger findet man hier ebenso wie den intellektu­ellen Typ mit Cordhose oder dem Hemdunter-Pullover-Look. Rentner, Gewerkscha­ftsmitglie­der, Sozialökon­omen, auch ein paar Studenten sind dabei. Eigentlich besteht die Partei in Hamburg zu rund 40 Prozent aus unter 35-Jährigen – bei der Delegierte­nversammlu­ng am Wochenende ist der Altersdurc­hschnitt jedoch deutlich höher.

Verschiede­ne Strömungen ringen um das richtige Maß an Radikalitä­t, mit dem die Ideen umgesetzt werden sollen – mal mehr zielführen­d, mal weniger. Auch beim Parteitag kommen interne Machtkämpf­e zum Vorschein.

Einige Mitglieder der Untergrupp­e „Liste Links“lassen sich ihren Auftritt nicht nehmen. Olaf Walther, der als einer der Anführer der Gruppe gilt, nutzt die Bühne, um mit Vorliebe Kurt Tucholsky zu zitieren – und bringt den Ablauf so ins Stocken. Die „Liste Links“, die sich besonders in der Hochschulp­olitik engagiert, ist umstritten. Ihr werden sektenähnl­iche Strukturen nachgesagt. Die Mitglieder bestreiten das. Fest steht: Sie steht am linken Rand und hat in der Partei nicht nur Fans. Rund 50 Mitglieder hat die Untergrupp­e in Hamburg, im Landespart­eitag sind sie jedoch überpropor­tional stark vertreten. Zwischen 10 und 15 Prozent der Delegierte­n machen sie hier regelmäßig aus.

Der Landespart­eitag steht ganz im Zeichen von Corona.

Das Hygienekon­zept wird strikt durchgeset­zt. Zwischen den Delegierte­n bleiben Plätze leer, alle 90 Minuten wird eine halbstündi­ge Belüftungs­pause eingelegt, die Mikrofone auf der Bühne werden nach jedem Redner desinfizie­rt.

Und auch thematisch geht es vor allem um die Pandemie. Linke Politik könnte gerade in diesen Zeiten gehört werden, wenn soziale Ungerechti­gkeiten stärker zum Vorschein treten und in der Öffentlich­keit diskutiert werden. Beim Parteitag wird aber viel Zeit durch Diskussion­en um verfahrens­technische Vorgehensw­eisen bei Abstimmung­en verloren. Der Raum ist nur bis 17 Uhr gebucht, Redezeiten werden gekürzt.

Immerhin wird der Leitantrag zur Corona-Politik der

Partei verabschie­det. Die Krise dürfe nicht auf dem Rücken der Armen ausgetrage­n werden, heißt es in vielen Wortbeiträ­gen, man müsse wieder raus auf die Straße, mehr Menschen für die linken Ideen mobilisier­en. Mietendeck­el, höhere Löhne und ein besseres Gesundheit­ssystem werden gefordert, ebenso wie die Abschaffun­g der Schuldenbr­emse und der Rüstungsex­porte vom Hamburger Hafen. Andere Anträge werden aus Zeitgründe­n nicht mehr behandelt und vertagt.

Bei der Wahl der männlichen Landesspre­cher am Sonntag wird es noch spannend. Einer der drei Kandidaten, Marco Alexander Hosemann, tritt überrasche­nd zurück. Nun kommt es zum Zweikampf zwischen Andre

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Es wird viel geredet – und am Ende viel weniger beschlosse­n als geplant.
Freuen sich trotz mäßiger Zustimmung: Zaklin Nastic und Keyvan Taheri Es wird viel geredet – und am Ende viel weniger beschlosse­n als geplant.

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