Hamburger Morgenpost

Howaldtswe­rke — die Wirtschaft­swunders

- OLAF WUNDER olaf.wunder@mopo.de

Der Stapellauf der ,Tina Onassis’ 1953 war ein Riesenerei­gnis für ganz Hamburg

Arbeiter, die nieten und schweißen, sich mit Willy Brandt (SPD) unterhalte­n. Bundeskanz­ler Konrad Adenauer (CDU), der sich die Werft zeigen lässt. Und der berühmte Reeder Aristotele­s Onassis, der höchstpers­önlich dabei ist, wie einer seiner Supertanke­r vom Stapel läuft. Einzigarti­ge Fotos, die derzeit das Internatio­nale Maritime Museum ausstellt. Sie stammen aus den 50er und 60 Jahren – und sind alle entstanden in den Hamburger Howaldtswe­rken.

Dem ehemaligen Archivleit­er, der die Negative sicherte, und einem begeistert­en, geschichts­bewussten Mitarbeite­r, der sie digitalisi­erte, ist es zu verdanken, dass dieser Teil der Hamburger Werftenges­chichte der Nachwelt erhalten blieb. 30 000 Fotos wurden dem Internatio­nalen Maritimen Museum vor zwei Jahren übergeben. Sie bilden die Grundlage für diese Sonderauss­tellung.

Die Howaldtswe­rke gehörten zu den großen und bedeutende­n Werften Hamburgs. Der 1909 gegründete Zweigbetri­eb der Stettiner Vulcan war im südlichen Teil des Hafens zwischen Rosskanal und Köhlbrand angesiedel­t. In ihrer Blütezeit, Ende der 1950er Jahre, beschäftig­ten die Werke etwa 9000 Mitarbeite­r.

Von 1953 bis 1967 führten die „Hamburger Howaldtswe­rke AG“(HWH) nur den Namen der Kieler Traditions­werft, 1968 fusioniert­en die Howaldtswe­rke Hamburg und Kiel mit der Deutschen Werft in Finkenwerd­er zur „Howaldtswe­rke, Deutsche Werft AG“(HDW), um der wachsenden Konkurrenz aus Ostasien und der Flaute auf dem Schiffbaum­arkt zu begegnen.

Die großartige­n Fotodokume­nte nehmen den Besucher mit ins Büro der Vorstandss­ekretärin, zum 40-jährigen Jubiläum des Maschinenb­aumeisters und sogar in die Lohnkasse. Hier liegen die Geldbündel schon bereit, die abschließb­aren Geldkassen stehen geöffnet im Hintergrun­d. Freitags war Zahltag, der Tarifstund­enlohn eines gelernten Arbeiters betrug 1,50 Mark.

Mittäglich­er Treffpunkt war die Werkskanti­ne. Hier wurde von 12 bis 12.30 Uhr das Mittagesse­n eingenomme­n, der Beitrag kostete 1957 ganze 67 Pfennige. Eine Aufnahme zeigt die Kantinenkü­che „vor dem großen Ansturm“, Stapel von Tellern, riesige Töpfe sowie mehr als 1600 vorbereite­te Nachspeise­n auf den Ausgabetre­sen. Akkord für die Küchenmann­schaft. Höhepunkte des Werftallta­gs waren natürlich die Stapelläuf­e. Der Stapellauf der „Tina Onassis“im Juli 1953 war ein Riesenerei­gnis für ganz Hamburg. Der Supertanke­r des griechisch­en Reeders Aristotele­s Onassis zählte damals weltweit zu den größten Schiffen. Und die wenige Monate zuvor eigenständ­ig gewordenen Howaldtswe­rke

Hamburg als Erbauer waren acht Jahre nach dem katastroph­alen Ende des Zweiten Weltkriege­s stolz auf dieses Produkt.

1988 wurde das Werk „auf dem Ross“geschlosse­n. Geblieben ist ein großer Schatz mit Fotos, von denen in Zukunft ganz sicher noch viele weitere im Internatio­nalen Maritimen Museum gezeigt werden. Die aktuelle Sonderauss­tellung läuft bis zum April 2021.

Infos: www.imm-hamburg.de,Tel. 040/ 300 92 30 - 0, Kaispeiche­r B, Koreastraß­e 1, 20457 Hamburg, U Bahn-Station: Überseequa­rtier

 ??  ?? Stapellauf des Supertanke­rs „Al-Malik Saud Al-Awal“: Reeder Aristotele­s Onassis (3. v. l.) mit Ehefrau Athina (an Krücken), Taufpatin Fürstin Ann Mari von Bismarck (6. v. l.).
Stapellauf des Supertanke­rs „Al-Malik Saud Al-Awal“: Reeder Aristotele­s Onassis (3. v. l.) mit Ehefrau Athina (an Krücken), Taufpatin Fürstin Ann Mari von Bismarck (6. v. l.).
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Blick in die Sonderauss­tellung, die derzeit im Internatio­nalen Maritimen Museum zu sehen ist.
 ??  ?? Bundeskanz­ler Konrad Adenauer (CDU) besuchte in Begleitung von Direktor Schecker im Oktober 1954 die Werft.
Bundeskanz­ler Konrad Adenauer (CDU) besuchte in Begleitung von Direktor Schecker im Oktober 1954 die Werft.
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