Zurück in den Lockdown
Erste EU-Länder verhängen erneut drastische Maßnahmen
PRAG/BRATISLAVA/DUBLIN – Leere Straßen, geschlossene Läden, Kontaktbeschränkungen – immer wieder warnen Experten und Politiker: Sollten die CoronaZahlen in Deutschland weiter derart rasant steigen, kommen wir um einen zweiten Lockdown möglicherweise nicht herum. Andernorts ist es bereits so weit.
Tschechien zieht die Notbremse: Zum zweiten Mal seit dem Frühjahr hat das Land gestern Ausgangsbeschränkungen verhängt. Denn: Kaum irgendwo sonst steigen die Infektionszahlen derzeit so rapide. Mit knapp 15 000 Fällen binnen 24 Stunden stiegen die gestern gemeldeten Neuinfektionen ein weiteres Mal auf einen Rekordwert. Tschechien hat knapp 10,7 Millionen Einwohner.
Nun sollen die Menschen zu Hause bleiben, ihre Kontakte mit anderen Leuten auf das absolut Notwendige beschränken. Ausnahmen gelten für den Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arztund Familienbesuche. Man habe zum „stärksten Kaliber“gegriffen, sagt Innenminister Jan Hamacek. „Die Gesetze sind nicht für die Menschen gemacht“, klagt eine Café-Besitzerin, die an einem Fenster noch Getränke und Kuchen zum Mitnehmen verkauft. Doch der Erlös reiche nicht einmal für die Miete, berichtet sie – und wundert sich über die vielen Ausnahmen, etwa für Blumengeschäfte und Tabakläden. In Deutschland, da habe man die Corona-Krise unter Kontrolle gebracht, sagt sie. In Tschechien sei das nicht der Fall.
Vor allem Regierungschef Babis hat sich mit seinem Zickzack-Kurs viel Kritik eingehandelt. Noch im September hatte der 66-Jährige gesagt, man müsse keine Angst mehr vor dem Virus haben. In einer aktuellen Umfrage vertrauten ihm bei der Bekämpfung der Pandemie nur noch 36 Prozent der 1200 Befragten.
Auch andernorts greifen Länder zu drastischen Maßnahmen, zum Beispiel Irland: Wer kann, muss bis zum 1. Dezember zu Hause arbeiten. Geschäfte, die keine lebensnotwendigen Waren verkaufen, wurden geschlossen. Treffen mit anderen Haushalten sind bis auf wenige Ausnahmen untersagt. Schulen und Kindergärten bleiben aber geöffnet. Sport im Freien ist im Umkreis von fünf Kilometern erlaubt. „Wir werden das schaffen und uns wiedersehen“, twitterte Premierminister Micheál Martin.
In der einwohnermäßig etwa gleich großen Slowakei könnte ein Lockdown kommen: Von der Regierung hieß es, entsprechende Maßnahmen würden nicht mehr ausgeschlossen. Zudem wurde recht überraschend beschlossen, innerhalb der nächsten drei Wochenenden alle über zehn Jahre alten Bewohner einem Corona-Schnelltest zu unterziehen. Die Teilnahme an den Tests soll zwar freiwillig sein – wer sich aber nicht testen lasse, müsse für zehn Tage in Quarantäne, kündigte Ministerpräsident Igor Matovic an. Die erste Phase der Massentests sollte nach den Plänen der Regierung bereits am Freitag in einigen besonders stark von Corona-Infektionen betroffenen ländlichen Bezirken an der Grenze zu Polen beginnen.