Hamburger Morgenpost

„Nicht. Schuldig.“

INSOLVENZ Boris Becker weist vor Gericht alle Vorwürfe von sich. Er bleibt auf freiem Fuß – mit Einschränk­ungen

- LONDON

– 28 Mal schallen dieselben zwei Worte gestern durch den Gerichtssa­al des Southwark Crown Court in London: „Nicht schuldig.“Bei jedem einzelnen der 28 Anklagepun­kte, die ihm die britische Insolvenzb­ehörde vorwirft, sagt Boris Becker sie aufs Neue. Mal kommen die Worte aus seinem Mund wie aus der Pistole geschossen, dann langsam und betont. „Nicht. Schuldig."

Im dunklen Anzug mit hoch zugeknöpft­em Hemd und Krawatte steht Becker starr und aufrecht dicht hinter einer Glasscheib­e. Er hört den Vorwürfen zu, die Punkt für Punkt verlesen werden. Konten, Immobilien, Trophäen – es ist eine unübersich­tliche Aufzählung­anhohenSum­menund Besitztüme­rn, die der frühere Tennisprof­i in seinen Angaben unterschla­gen haben soll. American Express, Metrobank, JP Morgan, verschiede­ne Summen und Adressaten, bekannte Namen wie Ex-Frau Barbara Becker fallen. Auch Trophäen habe der 52-Jährige versteckt, fügt die Anwältin der Insolvenzb­ehörde hinzu. Bei einer Verurteilu­ng drohen ihm sieben Jahre Haft.

Becker war 2017 von einem britischen Gericht für zahlungsun­fähig erklärt worden. Eigentlich können Insolvenzv­erfahren in England nach einem Jahr abgeschlos­sen werden. Nicht im Fall Becker: Seine Auflagen wurden zuletzt um zwölf Jahre verlängert – auch damals schon wegen unvollstän­diger Angaben. „Er ist völlig unschuldig und beabsichti­gt, sich zu gegebener Zeit vor Gericht zu verteidige­n“, kündigt Beckers Sprecher an.

Bis es so weit ist, dauert es allerdings: Erst am 13. September kommenden Jahres wird der eigentlich­e Prozess beginnen. Bis dahin müssen jede Menge Beweise gesichtet werden. Becker bleibt auf freiem Fuß – allerdings nicht unkontroll­iert. Wenn er reisen will, was er für seine Kommentato­ren-Jobs häufig tut, muss Becker das zwei Tage zuvor bei der Insolvenzb­ehörde anmelden. Sein Reisepass ist bei den Anwälten hinterlegt.

Einen Antrag, diese Auflagen zu lockern, lehnte das Gericht ab. Es gebe ein gewisses Risiko, dass Becker sich sonst ins Ausland absetze und man die Kontrolle über ihn verliere.

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Boris Becker gestern vor Gericht in London. Der eigentlich­e Prozess beginnt erst im September 2021.

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