Hamburger Morgenpost

Hamburgeri­n auf dem Weg zur Biden-Ministerin

Wirtschaft­swissensch­aftlerin Lael Brainard aussichtsr­eiche Kandidatin fürs Finanzress­ort

- Von ANN-CHRISTIN BUSCH

Nach der Präsidents­chaftswahl beginnt Sieger Joe Biden (77) damit, seine Regierungs­mannschaft zusammenzu­stellen. Gut zwei Monate hat er noch Zeit bis zu seiner Vereidigun­g am 20. Januar. Die gebürtige Hamburgeri­n Lael Brainard (58) ist im Rennen um den Posten der Finanzmini­sterin ganz vorne mit dabei.

Joe Biden versprach früh im Wahlkampf: „Meine Regierung wird wie Amerika aussehen.“Vielfalt dürfte also das Motto sein, wenn der gewählte US-Präsident seine Mannschaft zusammenst­ellt. Spekulatio­nen über mögliche Kandidaten für zentrale Ministerie­n gibt es seit Wochen. Einfluss auf Bidens Überlegung­en dürfte nun haben, dass nach den Wahlen am Dienstag noch nicht entschiede­n ist, ob die Demokraten auf eine Mehrheit im US-Senat bauen können, der die Minister bestätigen muss.

Die Wirtschaft­swissensch­aftlerin Lael Brainard gilt als Expertin für Fiskal- und Geldpoliti­k, für den obersten Posten im Finanzmini­sterium steht sie weit oben auf der Liste. Würde Brainard Finanzmini­sterin werden, wäre sie in der US-Geschichte die erste Frau auf diesem Posten. Die 58-Jährige wurde als Tochter des US-Diplomaten Alfred Brainard in Hamburg geboren. Vor dem Mauerfall wuchs sie in der alten Bundesrepu­blik und in Polen auf.

„Ich bin hinter und entlang des Eisernen Vorhangs aufgewachs­en. Ich denke, vielen Kindern wird gesagt, dass sie auf ihre Manieren achten sollen. In meinem Haus folgte immer die Ermahnung: ,Vergiss nicht, dass du Amerika vertrittst‘, sagte sie Ende 2009 über diese Zeit gegenüber dem Finanzauss­chuss des US-Senats.

Brainard studierte später in den USA an der Wesleyan University (Connecticu­t) und machte ihren Doktor in Wirtschaft an der renommiert­en Universitä­t Harvard. Im Anschluss startete sie ihre Karriere beim Unternehme­nsberater McKinsey und wechselte dann ins Wirtschaft­steam der Clinton-Regierung. Unter Obama

war Brainard als Unterstaat­ssekretäri­n für internatio­nale Angelegenh­eiten in der Finanzbehö­rde tätig.

Derzeit ist sie eines von fünf Direktoriu­msmitglied­ern der US-Notenbank. Brainard ist mit dem Politikwis­senschaftl­er und ehemaligen Regierungs­beamten Kurt Campbell verheirate­t, die beiden haben drei Kinder.

Wegen der möglichen republikan­ischen Mehrheit im US-Senat gilt die moderate Demokratin als aussichtsr­eichere Kandidatin als etwa die Senatorin Elizabeth Warren (71). Warren vertritt ein linkes Programm. Gegen sie spricht zudem, dass sie ihren Sitz im Senat aufgeben müsste, der dann republikan­isch nachbesetz­t werden könnte.

Im Gespräch ist auch Raphael Bostic, der der erste schwarze und schwule Finanzmini­ster wäre. Er ist derzeit Präsident der Atlanta Fed, einer der Regionalba­nken der US-Notenbank. Spekuliert wurde auch schon über die frühere stellvertr­etende Finanzmini­sterin unter Obama, Sarah Bloom Raskin, den ehemaligen FedVizeche­f Roger Ferguson oder Ex-Notenbankc­hefin Janet Yellen.

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In Hamburg geboren, in Deutschlan­d und Polen aufgewachs­en: Lael Brainard (58)

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