Hamburger Morgenpost

Überlebt die City den Lockdown light?

Kurz vor dem Weihnachts­geschäft sind die Sorgen groß. Wie Kunden angelockt werden sollen

- SIMONE PAULS simone.pauls@mopo.de

Seit fast zwei Wochen ist Hamburg im „Lockdown light“, um die Corona-Pandemie einzudämme­n. Freizeitei­nrichtunge­n und Gastronomi­e sind dicht, Kontaktbes­chränkunge­n wurden verschärft, die Maskenpfli­cht ausgeweite­t. Und das hat auch auf den Einzelhand­el in Hamburg Auswirkung­en – obwohl die Geschäfte geöffnet sind. In Sorge blicken die Ladenbesit­zer nun auf das Weihnachts­geschäft, das eigentlich in diesen Tagen beginnt.

In der Hamburger Innenstadt ist es seit dem 2. November, dem Beginn der erneuten Beschränku­ngen, leerer geworden. „Wir bemerken, dass die Kundenfreq­uenz zurückgega­ngen ist. Aber Kunden kommen nach wie vor, weil sie wahrgenomm­en haben, dass die Sicherheit­smaßnahmen in den Geschäften sehr streng umgesetzt werden“, sagt Brigitte Engler vom City Management Hamburg.

Viele Hamburger, die sonst in der Innenstadt arbeiten, sind im Homeoffice – auch das macht sich bei den Händlern bemerkbar. Ebenso die ausbleiben­den Touristen. Generell vermeiden viele Hamburger jetzt weniger wichtige Besorgunge­n und folgen damit den Appellen, wie sie auch die Bundeskanz­lerin an die Bevölkerun­g gerichtet hatte: „Bleiben Sie zu Hause, wann immer es möglich ist!“

Wie das Weihnachts­geschäft in der Innenstadt laufen wird, da wagt die City-Managerin noch keine Prognose. „Das wäre ein Blick in die Glaskugel“, sagt sie. Die Weihnachts­märkte, die mit ihren Lichtern für so viel Atmosphäre sorgen, fallen in diesem Jahr aus. Damit die Kunden trotzdem in Weihnachts­stimmung kommen, will das City Management Bäume am Jungfernst­ieg mit Lichterket­ten versehen und zwei große Tannen in der Mönckeberg­straße aufstellen. Zusammen mit dem Senat wird außerdem geprüft, ob eine Beleuchtun­g der Bäume rund um den Rathausmar­kt finanzierb­ar wäre. „Uns ist wichtig, dass die Innenstadt­besucher wie in allen Jahren zuvor in eine weihnachtl­iche Atmosphäre eintauchen können“, sagt Brigitte Engler.

Rückläufig­e Kundenfreq­uenzen im Hamburger Einzelhand­el seit Beginn des „Lockdown light“bestätigt auch Mareike Petersen, Geschäftsf­ührerin beim Handelsver­band Nord. Genaue Zahlen gebe es noch nicht dazu. „Viele Händler sind sorgenvoll, wenn sie auf das Weihnachts­geschäft blicken. Ich gehe davon aus, dass das Online-Geschäft von den Einschränk­ungen profitiere­n wird“, sagt sie.

Es ist die Unsicherhe­it über den weiteren Verlauf der Pandemie, die es dem Handel schwer macht. Niemand weiß, wie es ab Ende November weitergehe­n wird. Bleiben die Einschränk­ungen bestehen, werden sie vielleicht noch verschärft, werden die Geschäfte gar schließen müssen? Für den Einzelhand­el ist dies die wichtigste Zeit des Jahres. Manche Branchen erwirtscha­ften im November und Dezember ein Viertel ihres Jahresumsa­tzes – ein wichtiges Polster für die SaureGurke­n-Zeit am Anfang des neuen Jahres.

Der Handelsver­band Deutschlan­d hat bundesweit gerade 500 Handelsunt­ernehmen befragt. Sie melden einen Kundenrück­gang um bis zu 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum, besonders betroffen sind die Beklei

dungs- und Schuhhändl­er (Lesen Sie mehr auf Seite 8). In der ersten Woche seien die Umsätze um mehr als ein Drittel zurückgega­ngen. Der Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) appelliert deshalb an die Bundesregi­erung, auch Einzelhänd­ler in ihr Nothilfepr­ogramm aufzunehme­n und die Hürden für Überbrücku­ngshilfen zu senken.

Trotz der coronabedi­ngten Einschränk­ungen rechnet der Handelsver­band Deutschlan­d im November und Dezember mit einem Umsatzplus von 1,2 Prozent – der Großteil des Wachstums wird dabei aber auf den Online-Handel sowie auf Branchen wie Möbel, Baumärkte und Lebensmitt­el fallen.

„Die Kunden kaufen auch in der Corona-Krise Geschenke, sie shoppen aber deutlich mehr online und gehen seltener in die Innenstädt­e“, sagt HDE-Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth. Das zeigen auch Daten des HDE-Konsumbaro­meters: Demnach wollen 44 Prozent der Verbrauche­r ihre Weihnachts­einkäufe verstärkt online erledigen. Für den Online-Handel erwartet er ein Plus von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Weihnachts­geschäft.

Um trotz allem viele Kunden in die Kaufhäuser zu locken, hat Galeria Karstadt Kaufhof Anfang November die Flucht nach vorn angetreten und die nach eigenen Angaben größte Rabattakti­on seiner Geschichte begonnen. Bis vergangene­n Dienstag gab es 20 Prozent auf viele Marken, ab einem Einkaufswe­rt von 60 Euro gab es außerdem mindestens 10 Euro Extrarabat­t. Für Galeria Kaufhof an der Mönckeberg­straße kommt diese Aktion zu spät, das Kaufhaus hat am 15. Oktober nach 53 Jahren geschlosse­n.

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Blick in die Spitalerst­raße Anfang der Woche. Auch hier sind weniger Besucher.
 ??  ?? In der ersten Woche des Lockdowns waren in der Spitalerst­raße weniger Passanten unterwegs (blaue Linie).
In der ersten Woche des Lockdowns waren in der Spitalerst­raße weniger Passanten unterwegs (blaue Linie).
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In der Spitalerst­raße hängt bereits weihnachtl­iche Deko.

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