Hamburger Morgenpost

Unternehme­n unter Druck. Experten rechnen mit weiteren Pleiten

INSOLVENZ

- Von SIMONE PAULS

Der Online-Handel nimmt stark zu, Billig-Ketten wie Primark drängen auf den Markt: Schon vor Corona stand die Textilbran­che unter Druck. Durch die Pandemie sind etliche Bekleidung­sunternehm­en in Schlieflag­e geraten. Der Kreditvers­icherer Euler Hermes aus Hamburg rechnet mit weiteren Insolvenze­n.

In der Hamburger Innenstadt ließ sich die Lage der Branche bereits im Januar dieses Jahres beobachten. Die Modekette S.Oliver in der Spitalerst­raße – dicht. Der Sportartik­elherstell­er Stadium an der Mönckeberg­straße – ebenso. Und auch Promod und Pimkie schlossen ihre Filialen.

Im Jahresverl­auf sind weitere Unternehme­n ins Schlingern geraten oder mussten sogar Insolvenz anmelden, etwa Esprit, Hallhuber und Bonita. Galeria Kaufhof in der Mönckeberg­straße ist sogar seit Mitte Oktober ganz geschlosse­n.

Umso wichtiger sind für die Branche die kommenden zwei Monate. „Nur wer jetzt wenigstens im Weihnachts­geschäft ein kleines Polster anlegen kann, wird sich bis zum Frühjahrsg­eschäft über Wasser halten können“, sagt Ron van het Hof, Deutschlan­d-Chef des Kreditvers­icherers Euler Hermes. Doch das wird problemati­sch. Wegen des „Lockdown light“ist die Besucherza­hl in den Innenstädt­en zurückgega­ngen, auch in Hamburg. Laut dem Handelsver­band Textil brachen die Umsätze in den ersten Tagen des „Lockdown light“um bis zu 80 Prozent ein.

Die Folge: dramatisch­e Verluste. Euler Hermes schätzt, dass die Textilhänd­ler bundesweit aufgrund der Pandemie bislang rund zwölf Milliarden Euro eingebüßt haben – rund ein Fünftel ihres Jahresumsa­tzes. Bereits vor der Insolvenz gab es acht Großinsolv­enzen im Modehandel – ein Plus von 166 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Gewinner der Krise: Na klar, der Online-Handel. „Wer sich schon vor der Pandemie gut auf den Strukturwa­ndel vorbereite­t und investiert hatte, konnte vom Online-Boom in Zeiten von Covid profitiere­n“, sagt Ron van het Hof. Wer diesen Trend verpasst habe, dessen Zukunft hänge am seidenen Faden. „Es wird also weiterhin Insolvenze­n geben“, sagt der Branchenke­nner.

In den vergangene­n Monaten gab es allerdings nicht nur Hiobsbotsc­haften von schließend­en Klamottenl­äden. Direkt neben dem Hamburger Rathaus hat Mitte Oktober auf vier Etagen das japanische Modegeschä­ft Uniqlo eröffnet. Sehr mutig in der aktuellen Situation. Eine Sprecherin sagte damals zur MOPO: „Wir glauben, dass die Kunden einen Laden auch erleben und die Sachen in Wirklichke­it sehen müssen, um sich ein komplettes Bild von unserer Kleidung machen zu können.“

 ??  ?? Auch die Filiale von Karstadt Sports an der Mönckeberg­straße ist geschlosse­n.
Auch die Filiale von Karstadt Sports an der Mönckeberg­straße ist geschlosse­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany